Fingerzeige der Geschichte
Dass 1989 ein Schicksalsjahr für Österreich und Europa war, zeigte sich vergangene Woche gleich an drei hintereinander folgenden Tagen.
So entschied vor 30 Jahren am 26. Juni die damalige Bundesregierung, einen Beitrittsantrag an die EG zu stellen, wie damals die heutige EU noch hieß. Fünf Jahre später rückte dann Österreich vom östlichsten Rand Westeuropas in die Mitte des neuen Europas.
Am 27. Juni durchschnitten die Außenminister Österreichs und Ungarns, den Eisernen Vorhang. Ein Symbolbild, das nicht nur um die Welt ging, das Ende des Kalten Kriegs markierte, sondern auch in den Volksdemokratien zum Signal für die nun mögliche Öffnung wurde. Am 28. Juni schließlich hielt ein gewisser Slobodan Milosevic auf dem Amselfeld im Kosovo, jene Rede, die zur Initialzündung für den Krieg am Balkan wurde. Ein Konflikt, der zeigte, wie sehr mitten in Europa Krisenherde entstehen können, wenn man wegsieht (was viele europäische Politiker taten) und nicht rechtzeitig handelt. Alle drei politischen Ereignisse sind mit dem Namen eines österreichischen Politikers verbunden, nämlich Alois Mock. Er war zwar nur Vizekanzler und Außenminister, aber nachhaltiger Gestalter der politischen Entwicklung Österreichs, ja Mitteleuropas. Das reicht von Österreichs Teilnahme am europäischen Integrationsprozess bis hin zu einer neuen Nachbarschaftspolitik, die die Hilfe für den östlichen Flügels Europas ebenso umfasste wie den Kampf für die Anerkennung des Selbstbestimmungs- und Völkerrechts der Völker am Balkan.
Gedenkstätten
Wirklich in Erinnerung gerufen wurde letzte Woche nur der Fall des Eisernen Vorhangs. Aber immerhin. Veranstaltungen sind notwendig und wichtig, genau genommen aber nur mediale Ein-Tagesfliegen. Was bleibt, ja wie ein Fingerzeig der Geschichte wirkt, sind Gedenkstätten. Viel wird derzeit in jenen Platz nächst St. Margareten investiert, wo im August 1989 das so genannte PaneuropaFrühstück stattfand und an die 600 DDR-Bürger in die Freiheit flüchten konnten. In Vergessenheit geraten ist dagegen ein Obelisk nächst dem Autobahn-Grenzübergang Hegyeshalom, wo Ungarn am 2. Mai mit dem Abbau des Eisernen Vorhangs begann. Einer Suchaktion bedarf es, um den Platz zu finden, wo am 27. Juni 1989 medienöffentlich der Eiserne Vorhang durchschnitten wurde. Er liegt verborgen im Wald zwischen Sopron und Klingenbach, von dessen Gemeindeamt man übrigens nach St. Margarethen geschickt wird. Ein von der Stadt Sopron gestifteter, schon verwitterter Gedenkstein, mit Inschriften (eine davon in schlechtem Deutsch) soll daran erinnern, dass hier europäische Geschichte stattfand. Die Republik Österreich fehlt hier völlig, hat es verabsäumt, ein Zeichen zu setzen. Zum Beispiel durch die Errichtung eines Lehrpfades, der daran erinnert, welche Dramatik mit dieser Grenze verbunden war. Mehrere Anstöße haben sich irgendwo im Apparat verloren.