Kurier

Rückkehr der Sommerfris­che

Engagierte Gastronome­n trotzen der tristen Lage am Semmering

- VON PATRICK WAMMERL

Monumental­bauten aus der Jahrhunder­twende, die an ukrainisch­e, kasachisch­e und andere Investoren verscherbe­lt wurden: Was beim Ausverkauf österreich­ischen Kulturgute­s heraus kommt, hat man am Semmering schmerzhaf­t erfahren. Vom alten Sommerfris­che-Glanz ist wenig über.

Besonders weh tut der Tourismusr­egion, dass wichtige Leitbetrie­be einfach die Rollläden nach unten gelassen haben. Weil das Grandhotel Panhans mittlerwei­le seit drei Jahren saniert wird, gehen der Region Tausende Nächtigung­en verloren.

Vor diesem Hintergrun­d hat sich im Skiweltcup-Ort eine Gruppe engagierte­r Semmeringe­r gefunden, die der Situation trotzen und die Sommerfris­che wieder aufleben lassen. Während in Wien dieser Tage das Thermomete­r bis auf knapp 40 Grad kletterte, wehte am Semmering bei maximal 25 Grad ein laues Lüfterl.

„Genau das ist unser Pluspunkt. Der Klimawande­l und die extrem heißen Sommer spielen Orten wie dem Semmering in die Hände“, sagt Oliver Löffler. Zusammen mit seiner Frau Kim hat er im April den Hotel- und Restaurant­betrieb „Der Löffler“seiner Schwiegere­ltern in vierter Generation übernommen. Und das, obwohl nur 50 Meter weiter das Grandhotel wie ein verlassene­s Geistersch­loss seinen Schatten auf den Ort wirft. „Klar überlegt man in dieser angespannt­en Lage, ob man sich das traut. Aber wir sind uns sicher.“Außerdem gäbe es keinen schöneren Ort, um ihre drei kleinen Kinder aufwachsen zu sehen. Die neun Gästezimme­r sind derzeit voll und auch im Sommer bereits gut gebucht. „Zum einen kommen wieder viele Sommerfris­cheln und zum anderen haben wir viele Gäste des Kultursomm­ers und der Festspiele Reichenau“, sagt Kim Löffler.

Das Geheimnis des Betriebes sei der Charme eines Familienun­ternehmens. Die Absolventi­n der Tourismuss­chule am Semmering steht mit Mama und Ehemann Oliver selbst am Herd des Restaurant­s. Die Küche genießt in der Umgebung den besten Ruf. Mit der Übernahme wurde das Lokal völlig neu eingericht­et.

Berühmt ist „Der Löffler“aber für eine ganz spezielle Mehlspeise. Die Kurhaustor­te wird heute noch nach dem Originalre­zept des Kurhauses am Semmering zubereitet.

Ein paar hundert Meter weiter auf der Passhöhe begrüßt uns ein Semmeringe­r Original an der Hotel-Rezeption: Der Berghof ist das Lebenswerk von Christa Latzelsper­ger. Ihr bereits verstorben­er Mann galt mit einem Schlepplif­t vor 60 Jahren als Liftpionie­r. 37 Jahre lang hatte der Berghof ohne einen einzigen Ruhetag täglich geöffnet.

Als allerdings 2004 der Straßentun­nel in Betrieb ging, und der Verkehr nicht mehr über die Passhöhe rollte, änderte sich die Lage dramatisch. Aber Latzelsper­ger und ihre Familie gaben nie auf. Weil derzeit kaum Personal in der Gastronomi­e zu finden ist, steht die 80-Jährige immer noch selbst in der Küche: „Wir brauchen mehr Macher und Touristike­r die gute Ideen umsetzen.“

Mondäne Adresse

Im Winter laufe das Geschäft sehr gut. „Aber die wenigsten wissen, wie schön es hier im Sommer ist. Nicht umsonst war der Semmering das Sommerfris­che-Domizil der Wiener“, sagt die Gastronomi­n. Erst langsam erkenne das wieder die Kundschaft. Weil sie an die Zukunft am Semmering glaubt, hat man vor der Saison in eine moderne Terrassenü­berdachung investiert. Mit einigen Betrieben sei ein neuer Geist am Zauberberg eingekehrt, erzählt die Gastronomi­n.

Mit der Villa Antoinette hat der Semmering eine neue, mondäne Adresse. Das Hideaway-Chalet steht bei Urlaubern oder für exklusive Hochzeiten hoch im Kurs. Zu erwähnen sind auch der frische Wind und die ausgezeich­nete Küche im Landhotel Belvedere.

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Der Semmering ist ein bekannter Skiort und Austragung­sort des Damen-Weltcup. Eine Gruppe von Unternehme­rn will das Geschäft im Sommer ankurbeln
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 ??  ?? Christa Latzelsper­ger steht mit 80 Jahren noch selbst am Herd. Mit Kim und Oliver Löffler (re.) haben zwei Junguntern­ehmer einen Familienbe­trieb in vierter Generation übernommen
Christa Latzelsper­ger steht mit 80 Jahren noch selbst am Herd. Mit Kim und Oliver Löffler (re.) haben zwei Junguntern­ehmer einen Familienbe­trieb in vierter Generation übernommen

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