Jubel in Oranje: Verstappen sorgte für die große Show
Formel 1. Mit einer fahrerischen Meisterleistung gewann Verstappen in Spielberg. Doch er musste lange zittern
Österreich-Grand-Prix.
Eigentlich dachte Max Verstappen nach einem völlig vermurksten Start seines Red-Bull-Boliden bereits an den Anfang vom Ende. Von Platz zwei auf Rang acht zurückgefallen, lieferte der Niederländer den 203.000 Zuschauern – 20.000 davon im leuchtenden Orange – eine spektakuläre Auf holjagd. Vettel ließ er hinter sich , danach Bottas, und drei Runden vor Schluss entschied Verstappen das harte Duell gegen den bis dahin souverän führenden Ferrari-Piloten Leclerc für sich. Mit einem Überholmanöver allerdings, das bei den Stewards für Diskussionen sorgte. Fast zwei Stunden dauerte die Beratung bis Verstappens insgesamt sechster Erfolg in einem Formel-1-Rennen bestätigt wurde. Klar war ohnehin: Mercedes stellte erstmals in dieser Saison nicht den Sieger.
Erst um 19.50 Uhr, mehr als drei Stunden nach Ende des Rennens, liefen die Mechaniker von Red Bull jubelnd aus ihrer Box und stellten sich für das Siegerfoto auf. Max Verstappen gewann wie im Vorjahr das Heimrennen für Red Bull. Doch wegen eines Überholmanövers in der vorletzten Kurve musste er lange auf die Bestätigung des Sieges warten. Unwürdig lange. Denn viel spektakulärer kann ein Formel-1-Rennen kaum sein. Bei 33 Grad im Schatten waren die 20.000 orange gekleideten Fans aus den Niederlanden auf den Tribünen nicht mehr zu halten, als sich Verstappen beim entscheidenden – aber bei den Regelhütern umstrittenen – Überholmanöver gegen Charles Leclerc durchsetzte. Für den 21-Jährigen war es der sechste Sieg seiner Formel-1-Karriere. Dabei hatte das Rennen für ihn ganz schlecht begonnen.
Schlechter Start
„Nach diesem Start habe ich gedacht, dass alles aus ist“, sagte Verstappen. Denn als die roten Lichter ausgingen, kam er ganz schlecht weg und fiel auf wenigen hundert Metern bis zur Niki-Lauda-Kurve (siehe Seite 8) auf Rang acht zurück. Doch was danach folgte, war eine Meisterleistung, wie man sie in der Formel 1 schon seit Jahren nicht mehr gesehen hat.
Insgesamt 203.000 Zuschauer kamen am gesamten Rennwochenende an die Strecke. Und nach dem wohl fadesten Rennen der Formel1-Geschichte vor einer Woche gab es diesmal ein Spektakel zu sehen. Mit Kämpfen Mann gegen Mann, vielen Überholmanövern und noch mehr Spannung.
Verstappen kämpfte sich Platz um Platz nach vorne, überholte Vettel, dann Bottas und krönte seine Leistung mit dem Manöver gegen Leclerc, das letztlich bei den Stewards landete.
„Nach dem Boxenstopp habe ich gesehen, dass ich mithalten kann. Ich bin extrem froh für das Team und für Honda.“Für den Motorhersteller war es der erste Sieg seit Jenson Button 2006. „Die Partnerschaft läuft derzeit hervorragend.“
Euphorischer Doktor
Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz verließ den Ring mit dem Helm von Verstappen als Souvenir. Ungewohnt euphorisch jubelte Helmut Marko über den Heimsieg. „Als beim Start der Motor zusammengefallen ist, habe ich gedacht, es ist vorbei“, sagte der Motorsportberater von Red Bull. „Nach dem Boxenstopp ist eine Max-Show gekommen, das war unglaublich. Eine Demonstration fahrerisch, vom Chassis und vom Motor her. Die Überholmanöver von Max kommen aus dem Nichts, und der Gegner weiß nicht, wie ihm geschieht. Das war ein richtiges Rennen, jede Runde am absoluten Limit. Herrlich!“Zur Untersuchung sagte er: „Wenn solche Aktionen bestraft werden, müssen wir mit dem Sport auf hören.“
Nichts wurde es mit dem ersten Ferrari-Sieg in Österreich seit Michael Schumacher 2003 und dem ersten Sieg überhaupt für Charles Leclerc. Der Zweitplatzierte war sichtlich unglücklich, sprach aber trotzdem von einem „guten Rennen“. Bei der Pressekonferenz war er kurz angebunden: „Er hat mich von der Strecke gedrückt.“Fair fügte er aber hinzu: „Auch ohne dieser Aktion wäre das Rennen so ausgegangen.“
Valtteri Bottas holte nach einer unspektakulären Leistung für Mercedes den dritten Platz. „Die Temperatur und die Höhenlage hat uns doppelt getroffen“, sagte Motorsportchef Toto Wolff. Für Mercedes sei es kein guter Tag gewesen, dafür aber ein hervorragender für die Formel 1. „Es war super, den Jungen zuzuschauen, wie sie vorne um die Wette fahren“, verwies er auf das mitreißende Rad an Rad-Duell zwischen den beiden 21-jährigen Wilden Max Verstappen und Charles Leclerc.
Fehlerhafte Stars
Insgesamt neun Weltmeistertitel haben Lewis Hamilton und Sebastian Vettel gemeinsam gewonnen. Doch gestern lief es für beide nicht ideal. Vettel, von Rang neun gestartet, erwischte zwar einen perfekten Start, doch sein Team patzte beim Boxenstopp: Als sich der Deutsche neue Reifen holen wollte, waren noch keine Reifen da. Vettel wurde schließlich Vierter.
Hamilton wiederum fuhr zu hart über die Randsteine und beschädigte sich den Frontf lügel so stark, dass er getauscht werden musste. Für den WM-Führenden blieb Rang fünf.