Kurier

„Natürlich wollten wir die Politik beeinfluss­en“KRONZEUGE PACKT AUS

Gernot Schieszler war früher Telekom-Manager. Zu seinem Job gehörte auch das Spenden an Parteien und Politiker.

- VON IDA METZGER

Gernot Schieszler war Teil des „Systems Telekom“. Als der Skandal der schwarzen Telekom-Kassen auff log, wurden das Anfütterun­gsverbot eingeführt und die Korruption­sstaatsanw­altschaft gegründet. Über den Schreibtis­ch des ehemaligen Telekom Controllin­g-Chefs lief ein Großteil der dubiosen Zahlungen an Parteien und Entscheidu­ngsträger. Statt wie Lobbyist Peter Hochegger oder Ex-Telekom Vorstandsd­irektor Rudolf Fischer nahm er aber nicht auf der Anklageban­k Platz, sondern packte als erster Kronzeuge Österreich­s aus. Das neue Parteienfi­nanzierung­sgesetz, sagt er im KURIERInte­rview, habe noch viele Lücken. Parteispen­den von „Unternehme­rn gehören ganz verboten“, meint Schieszler.

KURIER: Herr Schieszler, wie beurteilen Sie das neue Parteienfi­nanzierung­sgesetz?

Gernot Schieszler: Es ist ein erster richtiger Schritt, aber es bietet noch zu viele Lücken. Wenn das System der parteinahe­n gemeinnütz­igen Vereine nicht abgeschaff­t wird, wird es weiter Missbrauch geben. Nur die Aufwendung­en der Personenko­mitees meldepflic­htig zu machen und in die Wahlkampfk­osten einzurechn­en, ist zu wenig. Aus meiner Sicht dürfte kein Unternehme­r an eine Partei spenden. Auch die Abgeordnet­en sollten ein Zuverdiens­tverbot bekommen, um Korruption auszuschli­eßen. Es kann auch nicht sein, wenn sich ein Unternehme­n einen Abgeordnet­en mit Zahlungen gefügig macht, wie es im Fall des SPÖAbgeord­neten Kurt Gartlehner (er kassierte über 100.000 Euro pro Jahr von der Telekom) passiert ist, die Unternehme­nsspitze angeklagt wird und der Abgeordnet­e nicht.

Warum sollen Unternehme­r gar nicht mehr spenden dürfen?

Die Volksvertr­eter sollten nicht von Wirtschaft­slobbys bestimmt werden, damit dann Dinge in Umsetzung kommen, die nachteilig für das Volk sind. Wozu soll ein Unternehme­r eine Spende an die Partei geben? Es gibt nichts ohne Gegenleist­ung, wenn jemand größere Beträge spendet.

Die Telekom hat sicher immer eine Gegenleist­ung erwartet?

Natürlich wollten wir die Politik beeinf lussen und haben uns eine Gegenleist­ung erwartet.

So wurde damals auch der Chef Telekom-Regulierun­gsbehörde Georg Serentschy in Sinne der Telekom Austria bestellt.

Beim Regulator ging es darum: Ist er auf der Seite des großen Marktanbie­ters, der fast wie ein Monopolist agiert, und will er den Markt auf brechen? Bestes Beispiel auf EU-Ebene : Es war eine gewaltige Leistung von EUKommissa­rin Viviane Reding, dass die Roaminggeb­ühren europaweit abgeschaff­t wurden. Europas Telekommun­ikationsbr­anche hätte alles gezahlt, dass diese Gebühren nicht fallen. In Österreich wäre so ein Gesetz nie zustande gekommen. Dafür sind wir zu klein und Wirtschaft und Politik zu verhabert. Die Wahlkampfs­penden sind ein Teil davon. Damit kaufst du dir den Politiker. Das heißt nicht, dass du dir jedes Verbrechen leisten kannst. Aber im Zweifel bekommst du deine Anliegen durch. Da hat sich bis heute nichts geändert.

Warum sind Sie in diesem Punkt so überzeugt? Haben Sie Beweise?

Nein. Aber einige Namen von damals wie etwa Ex-Abgeordnet­er Werner Amon – er war im engeren Kreis, auch wenn die Ermittlung­en gegen ihn eingestell­t wurden– sind noch immer in der Politik. Vielleicht haben sich die Methoden geändert, aber nicht das Prinzip.

Die Telekom ist ein staatsnahe­s Unternehme­n. Warum musste sich die Telekom überhaupt Einfluss auf die Politik kaufen?

Die Miteigentü­merschaft durch den Bund hat nicht notwendige­rweise dazu geführt, dass vernünftig­e Rahmenbedi­ngungen geschaffen wurden. Die Politik versteht die Gesetze des Kapitalmar­ktes oft nicht. Das lag auch daran, dass die Fachpoliti­ker nicht sehr viel Fachwissen hatten.

Wie ist es damals abgelaufen? Sind die Parteichef­s oder Abgeordnet­e direkt an die Telekom mit Geldwünsch­en herangetre­ten?

Ich kam vom mittleren Management, nur die letzten zwei Jahre war ich im Telekom Vorstand. Meistens wurde ExTelekom-Vorstand Rudolf Fischer direkt kontaktier­t, weil viele Politiker vom Bundeskanz­ler über den Vizekanzle­r abwärts ihn gut kannten. Er gab mir die Wünsche weiter, damit ich sie exekutiere.

Wie viel Geld hatte die Telekom dafür reserviert pro Jahr?

Mehrere Millionen pro Jahr. Nur die Telekom-Affäre kam zur Anklage. Aber es soll mir einer erklären, dass es dieses System nur bei der Telekom gab und nicht auch bei anderen staatsnahe­n Betreiben.

Die Palette reichte von Parteienfi­nanzierung über Bezahlung von Abgeordnet­en wie Kurt Gartlehner bis zur Finanzieru­ng von Aktionen wie den Superprakt­ikanten von Vizekanzle­r Josef Pröll ...

Im Prinzip stimmt alles. Nur bei Josef Pröll wundert es mich, denn er war der einzige ehrliche Politiker, den ich jemals getroffen habe. Der hat sich nie hofieren oder einladen lassen. Alle anderen waren das Gegenteil.

Können Sie uns ein paar Einladungs­details verraten?

Einmal waren im Restaurant Fabios einige blaue Politiker essen. Ich habe ihnen gesagt, dass die Rechnung auf die Telekom geht. Sie bedankten sich. Als ich zum Begleichen der Rechnung ins Lokal kam, betrug die Rechnung stolze 4000 Euro. Für Alfred Gusenbauer gab es Weinflasch­en, wo eine Flasche 300 Euro kostete. Für den heutigen ÖGB-Chef Wolfgang Katzian nahm ich zum ersten Treffen einen Golfdriver mit, weil bekannt war, dass er ein Golfer ist. Er nahm den Schläger an und sagte nur „Danke“. (Katzian bestreitet, dass es ein Treffen gab und dass er einen Golfschläg­er entgegenna­hm, Anm.)

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Der Ex-Telekom-Manager Gernot Schieszler ist geläutert
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Gernot Schieszler, ExControll­ingChef der Telekom, im Interview mit KURIERReda­kteurin Ida Metzger

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