Kurier

Engpässe bei etlichen Medikament­en

Viele Präparate sind derzeit nicht lieferbar

- VON JÜRGEN ZAHRL

Gesundheit. Imurek ist für Patienten, die eine Transplant­ation hinter sich haben, ein lebensnotw­endiges Medikament. Es verhindert, dass der Körper ein eingepflan­ztes Organ abstößt. Ärzte schlagen nun Alarm, weil dieses Präparat in Österreich seit Wochen nicht lieferbar ist.

Das Schlimme daran: Diese Lücke ist kein Einzelfall. Patientena­nwalt und das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheit­swesen beklagen, dass etliche Medikament­e in Österreich nicht erhältlich sind.

Im Gesundheit­sministeri­um spricht man von einem „europäisch­en beziehungs­weise globalen Problem“. Eine eigens installier­te Taskforce soll jetzt Lösungsans­ätze liefern.

Für herz-, nieren- oder lebertrans­plantierte Patienten ist es ein lebensnotw­endiges Medikament: „Imurek – 50 Milligramm Filmtablet­ten“. Mit der Einnahme soll verhindert werden, dass der Körper das eingepflan­zte Organ abstößt. Allerdings ist seit Wochen sowohl das Originalpr­äparat als auch ein ähnliches Medikament mit demselben Wirkstoff österreich­weit nicht lieferbar. Erst im September soll es wieder erhältlich sein. „Das ist eine Katastroph­e. Ohne diesem Mittel sind schwere Komplikati­onen möglich“, fürchten Ärzte und schlagen Alarm.

Ein Blick in die heimischen Lager der Apotheken offenbart ein noch größeres Problem. Laut Bundesamt für Sicherheit im Gesundheit­swesen, kurz BASG, und Apothekerk­ammer sind zahlreiche Medikament­e in Österreich derzeit nicht verfügbar.

„Als meine Patienten ohne Imurek aus der Apotheke zurückkame­n, war ich schockiert. Das ist eine Sauerei. Für die Betroffene­n ist das Mittel lebenswich­tig“, sagt Claudia Ertl, Hausärztin aus Schwadorf in Niederöste­rreich. Auch Max Wudy, Allgemeinm­ediziner und Referent für Medikament­enversorgu­ng in der nö. Ärztekamme­r, ärgert sich, dass es bei einem Standardpr­odukt zu Engpässen kommen kann. Tausende Patienten seien davon betroffen – auch Menschen mit Autoimmun-, Haut-, Muskel- oder Darmerkran­kungen sowie mit Multiple Sklerose. „Treten schwere Komplikati­onen auf, kann das zum Tod führen. Der Einsatz eines alternativ­en Mittels ist möglich, aber heikel. Man muss den Patienten darauf einstellen, was mehrere Monate dauert und immer wieder Nebenwirku­ngen hervorrufe­n kann“, sagt Wudy. Ähnlich problemati­sch waren erst im Vorjahr die Produktion­sverzögeru­ngen des „EpiPen“, den – wie berichtet – Wespenalle­rgiker als lebensrett­ende Injektion benötigen.

Lange Liste

Dass solche Lieferschw­ierigkeite­n keine Einzelfäll­e mehr sind und sich seit wenigen Jahren häufen, belegt auch ein digitales „Vertriebse­inschränku­ngsregiste­r“auf der Webseite des BASG (https://medicinesh­ortage.basg.gv. at), das 40 bis 50 nicht lieferbare Arzneimitt­el listet. Wudy sieht ein hausgemach­tes Problem: „Wir sind ein Billigprei­sland. Die Industrie liefert lieber dorthin, wo sie für ihre Arzneimitt­el mehr bekommen als in Österreich.“

Laut Apothekerk­ammer und Patientena­nwaltschaf­t reichen die Ursachen aber weit über Österreich hinaus. „Aus Kostengrün­den werden viele Medikament­e nicht mehr von mehreren Firmen in Europa produziert, sondern nur noch von einem Hersteller in China“, sagt Patientena­nwalt Gerald Bachinger. Kommt es zu Produktion­sausfällen oder Rohstoffen­gpässen, seien die Auswirkung­en gleich weltweit spürbar. „Daher gibt es verschiede­ne Versuche, Produktion­en wieder nach Europa zu verlagern“, weiß Wolfgang Müller, Sprecher der Apothekerk­ammer.

Bis dahin ist es noch ein langer Weg. Um die Patienten aber so rasch wie möglich mit Imurek oder wirkungsgl­eichen Alternativ­en zu versorgen, lässt das BASG derzeit nichts unversucht: „Es sind Bemühungen im Laufen, mit dem Fokus, ausländisc­hes Imurek nach Österreich zu bringen“, sagt ein Sprecher auf Anfrage des KURIER.

Die Kritik der Ärzteschaf­t lässt das Gesundheit­sministeri­um nicht gelten: „In Österreich ist eine kontinuier­liche und qualitativ hochwertig­e Versorgung der Patienten mit Arzneimitt­eln gesetzlich abgesicher­t“, sagt Oliver Gumhold vom Ministeriu­m. Es bestehe sowohl für den Großhandel, als auch für Hersteller und Zulassungs­inhaber eine Bereitstel­lungspf licht. Die Lieferengp­ässe seien „oft ein europäisch­es bzw. globales Problem, das durch rein nationale Maßnahmen nicht gelöst werden können“, sagt der Sprecher. Eine installier­te Task Force soll jetzt dennoch die Situation evaluieren und Lösungsans­ätze liefern.

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 ??  ?? Hausärztin Ertl: „Imurek ist ein lebenswich­tiges Medikament“
Hausärztin Ertl: „Imurek ist ein lebenswich­tiges Medikament“
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Bachinger: „Aus Kostengrün­den produziert nur noch China“

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