Engpässe bei etlichen Medikamenten
Viele Präparate sind derzeit nicht lieferbar
Gesundheit. Imurek ist für Patienten, die eine Transplantation hinter sich haben, ein lebensnotwendiges Medikament. Es verhindert, dass der Körper ein eingepflanztes Organ abstößt. Ärzte schlagen nun Alarm, weil dieses Präparat in Österreich seit Wochen nicht lieferbar ist.
Das Schlimme daran: Diese Lücke ist kein Einzelfall. Patientenanwalt und das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen beklagen, dass etliche Medikamente in Österreich nicht erhältlich sind.
Im Gesundheitsministerium spricht man von einem „europäischen beziehungsweise globalen Problem“. Eine eigens installierte Taskforce soll jetzt Lösungsansätze liefern.
Für herz-, nieren- oder lebertransplantierte Patienten ist es ein lebensnotwendiges Medikament: „Imurek – 50 Milligramm Filmtabletten“. Mit der Einnahme soll verhindert werden, dass der Körper das eingepflanzte Organ abstößt. Allerdings ist seit Wochen sowohl das Originalpräparat als auch ein ähnliches Medikament mit demselben Wirkstoff österreichweit nicht lieferbar. Erst im September soll es wieder erhältlich sein. „Das ist eine Katastrophe. Ohne diesem Mittel sind schwere Komplikationen möglich“, fürchten Ärzte und schlagen Alarm.
Ein Blick in die heimischen Lager der Apotheken offenbart ein noch größeres Problem. Laut Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen, kurz BASG, und Apothekerkammer sind zahlreiche Medikamente in Österreich derzeit nicht verfügbar.
„Als meine Patienten ohne Imurek aus der Apotheke zurückkamen, war ich schockiert. Das ist eine Sauerei. Für die Betroffenen ist das Mittel lebenswichtig“, sagt Claudia Ertl, Hausärztin aus Schwadorf in Niederösterreich. Auch Max Wudy, Allgemeinmediziner und Referent für Medikamentenversorgung in der nö. Ärztekammer, ärgert sich, dass es bei einem Standardprodukt zu Engpässen kommen kann. Tausende Patienten seien davon betroffen – auch Menschen mit Autoimmun-, Haut-, Muskel- oder Darmerkrankungen sowie mit Multiple Sklerose. „Treten schwere Komplikationen auf, kann das zum Tod führen. Der Einsatz eines alternativen Mittels ist möglich, aber heikel. Man muss den Patienten darauf einstellen, was mehrere Monate dauert und immer wieder Nebenwirkungen hervorrufen kann“, sagt Wudy. Ähnlich problematisch waren erst im Vorjahr die Produktionsverzögerungen des „EpiPen“, den – wie berichtet – Wespenallergiker als lebensrettende Injektion benötigen.
Lange Liste
Dass solche Lieferschwierigkeiten keine Einzelfälle mehr sind und sich seit wenigen Jahren häufen, belegt auch ein digitales „Vertriebseinschränkungsregister“auf der Webseite des BASG (https://medicineshortage.basg.gv. at), das 40 bis 50 nicht lieferbare Arzneimittel listet. Wudy sieht ein hausgemachtes Problem: „Wir sind ein Billigpreisland. Die Industrie liefert lieber dorthin, wo sie für ihre Arzneimittel mehr bekommen als in Österreich.“
Laut Apothekerkammer und Patientenanwaltschaft reichen die Ursachen aber weit über Österreich hinaus. „Aus Kostengründen werden viele Medikamente nicht mehr von mehreren Firmen in Europa produziert, sondern nur noch von einem Hersteller in China“, sagt Patientenanwalt Gerald Bachinger. Kommt es zu Produktionsausfällen oder Rohstoffengpässen, seien die Auswirkungen gleich weltweit spürbar. „Daher gibt es verschiedene Versuche, Produktionen wieder nach Europa zu verlagern“, weiß Wolfgang Müller, Sprecher der Apothekerkammer.
Bis dahin ist es noch ein langer Weg. Um die Patienten aber so rasch wie möglich mit Imurek oder wirkungsgleichen Alternativen zu versorgen, lässt das BASG derzeit nichts unversucht: „Es sind Bemühungen im Laufen, mit dem Fokus, ausländisches Imurek nach Österreich zu bringen“, sagt ein Sprecher auf Anfrage des KURIER.
Die Kritik der Ärzteschaft lässt das Gesundheitsministerium nicht gelten: „In Österreich ist eine kontinuierliche und qualitativ hochwertige Versorgung der Patienten mit Arzneimitteln gesetzlich abgesichert“, sagt Oliver Gumhold vom Ministerium. Es bestehe sowohl für den Großhandel, als auch für Hersteller und Zulassungsinhaber eine Bereitstellungspf licht. Die Lieferengpässe seien „oft ein europäisches bzw. globales Problem, das durch rein nationale Maßnahmen nicht gelöst werden können“, sagt der Sprecher. Eine installierte Task Force soll jetzt dennoch die Situation evaluieren und Lösungsansätze liefern.