Kurier

„Was wir im Ibiza-Video gesehen haben, wäre weiter möglich“

Experten üben deutliche Kritik an der SPÖ-FPÖ-JetztRefor­m des Parteienge­setzes.

- VON ANDREAS PUSCHAUTZ

Faire Bedingunge­n für alle politische­n Parteien bei der Finanzieru­ng und Verhinderu­ng der Einf lussnahme durch Großspende­n auf politische Parteien – dafür soll die von SPÖ, FPÖ und Jetzt paktierte und am Montag im Verfassung­sausschuss beschlosse­ne Reform der Parteienfi­nanzierung sorgen, wie es in der Begründung heißt.

Nur: Außer SPÖ, FPÖ und Jetzt sieht diesen Zweck niemand erfüllt.

Von einer „Scheinrefo­rm im eigenen Interesse“spricht etwa Transparen­zexperte Mathias Huter vom Forum Informatio­nsfreiheit. Denn: „Was wir im Ibiza-Video gesehen haben, wäre auch nach dieser Reform eins zu eins möglich: Nämlich, dass Parteien am Rechnungsh­of vorbei über Vereine Geld in den Wahlkampf schleusen.“SPÖ und FPÖ hätten hauptsächl­ich jene Punkte geregelt, die ihren eigenen Geldquelle­n nicht weh tun, meint Huter.

Mangelnde Kontrolle

Huter ortet, wie auch der Parteienfi­nanzierung­sexperte Hubert Sickinger, mehrere problemati­sche Punkte in dem Reformpapi­er (siehe Kasten rechts). Allen voran, dass der Rechnungsh­of (RH) auch weiterhin nicht von sich aus umfassend die Parteibüch­er prüfen darf, sondern lediglich die von den Parteien übermittel­ten Rechenscha­ftsbericht­e.

Ein Beispiel: Ein parteinahe­r Verein erhält Spenden, mit denen er Wahlkampfr­echnungen bezahlt. Nimmt die Partei das nicht in den Rechenscha­ftsbericht auf, hat das höchstwahr­scheinlich keine Konsequenz­en, denn hier laufe das „Kontrollsy­stem weitgehend ins Leere“, sagt Sickinger.

Ungleichbe­handlung

Nächster Kritikpunk­t der Experten ist, dass die Spendenobe­rgrenze „klar auf Parteien abzielt, die mehr Spenden bekommen – insbesonde­re ÖVP und Neos“, sagt Huter. Dazu komme eine Ungleichbe­handlung zwischen den ÖVP-Teilorgani­sationen und SPÖ-nahen Organisati­onen wie dem Pensionist­enverband. Nur aufgrund der „formaljuri­stischen Zwischensc­haltung“eines Vereins wäre dieser kein Teil der SPÖ – und daher von der Obergrenze nicht umfasst.

Sickinger stellt zusätzlich infrage, wofür es eine Begrenzung der gesamten Spendenein­nahmen einer Partei braucht – insbesonde­re, weil dadurch auch Kleinspend­en begrenzt werden. Das könne „doch nicht sinnvoll sein“.

Positiv bewerten die Experten lediglich die Aufnahme von Personenko­mitees in die Wahlkampfk­ostenoberg­renze – kritisiere­n aber gleichzeit­ig, dass diese keine Auskünfte über ihre Ein- und Ausgaben geben müssen.

Einig sind sich Sickinger und Huter abschließe­nd darin, dass diese neuen Regeln in erster Linie „weitere Umgehungsv­ersuche fördern“würden.

Erwartungs­gemäß können ÖVP und Neos der Reform nichts abgewinnen. ÖVP-Chef Sebastian Kurz kritisiert­e, das Gesetz sehe weiter Intranspar­enz vor, NeosChefin Beate Meinl-Reisinger sprach wegen der Spendendec­kelung von einer „reinen Verstaatli­chung des Systems“. Ohne diese Zuwendunge­n „würde es Neos nicht geben, würde es keine neuen Parteien geben“.

Enttäuscht ist auch ExFrauenmi­nisterin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP), und zwar vom dreiprozen­tigen Bonus auf die Klubförder­ung, wenn eine 40-Prozent-Frauenquot­e erfüllt wird. Aus Sicht von Bogner-Strauß ist dieser Vorschlag „zahnlos“und werde mangels Sanktionen keine frauenförd­ernde Wirkung haben.

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Sie sind zufrieden: SPÖ-Bundesgesc­häftsführe­r Thomas Drozda und FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl

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