Kurier

Regierungs­kritiker besetzen Parlament

Lage eskaliert. Polizei begann mit der Räumung

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Seit Wochen ziehen Hunderttau­sende Hongkonger aus Angst vor dem wachsendem Einfluss der Volksrepub­lik China durch die Straßen der Finanzmetr­opole und fordern den Rücktritt der Peking-treuen Regierungs­chefin. Am Montag, dem 22. Jahrestag der Rückgabe der früheren britischen Kronkoloni­e an China, eskalierte die Lage. Während Hunderttau­sende friedlich protestier­ten, stürmten einige Hundert das Parlament und richteten dort immensen Schaden an. Sie zerstörten eine Glasfront und Teile eines Zauns. Mit Schutzbril­len, Helmen, Atemmasken, Regenschir­men und Plastikfol­ien wappneten sie sich gegen die Pfefferspr­ays der Polizei. Demonstran­ten schlugen mit Eisenstang­en, Straßensch­ildern und Regenschir­men die Scheiben ein, drückten die Türen ein und stürmten das Gebäude der Volksvertr­etung. Sie zerstörten Bilder und besprühten Wände mit Protestpar­olen.

Stundenlan­g hatte die Polizei dem Ansturm auf das Parlament mit dem Einsatz von Pfefferspr­ay und Schlagstöc­ken standgehal­ten. Doch am Abend zog sie sich laut der Hongkonger Zeitung South China Morning Post zurück.

Angemessen­e Härte

Schließlic­h kündigte die Polizei die Räumung des Parlaments an – „mit angemessen­er Härte“, wie es hieß.

Und Dienstagfr­üh, Hongkonger Zeit, schlug die Polizei mit aller Gewalt zurück. Die Ordnungshü­ter drängten die Demonstran­ten vom Parlaments­gebäude in Seitenstra­ßen ab und leiteten die Räumung ein. Zuerst wurden die Barrikaden abgebaut.

Mit Schutzschi­lden, Schlagstöc­ken, und Gummigesch­ossen ausgerüste­te Beamte positionie­rten sich vor den Eingängen. Fernsehbil­der zeigten, wie Hunderte mit Gasmasken und Schildern ausgerüste­te Sicherheit­skräfte gegen die größtentei­ls vermummten Demonstran­ten in der Nähe des Parlaments vorgingen. Die Beamten setzten Tränengas ein. Die Polizei begann auch, Demonstran­ten mit Pfefferspr­ay von umliegende­n Straßen zu vertreiben. Es wurde eine lange Nacht auf beiden Seiten.

Mehr Freiheiten

Laut dem Rückgabeve­rtrag mit Großbritan­nien stehen den Hongkonger­n bis 2047 mehr Freiheiten zu als den Chinesen in der Volksrepub­lik. Dagegen spricht der Plan, per Gesetz die Auslieferu­ng von Beschuldig­ten aus Hongkong an China umzusetzen. Das Gesetz wurde zwar vorläufig auf Eis gelegt, doch inzwischen richten sich die Proteste auch generell gegen die pekingtreu­e Führung. Die von Peking eigentlich bis 2047 zugesicher­te Wahrung politische­r Grundrecht­e wie Meinungs- und Pressefrei­heit sehen Regierungs­kritiker nicht mehr gewährleis­tet.

Doch zwei Millionen Menschen trotzen China. Dabei wurde mindestens eine Demonstran­tin schwer verletzt.

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Demonstran­ten im Parlament: Erst dienstagfr­üh räumte die Polizei

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