Erstmals Rot-Grün-Links-Bündnis in Westdeutschland
Paukenschlag. Nach historischer Niederlage rettete SPD nach zähem Ringen den Regierungschef-Sessel / CDU als stärkste Partei hat das Nachsehen
Der 26. Mai 2019 war eine historische Zäsur im kleinsten Bundesland Deutschlands: Erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wurde die SPD nicht stimmenstärkste Partei – dieses Kunststück gelang hingegen dem CDUSpitzenkandidaten Carsten Meyer-Heder, der die Konservativen auf 26,7 Prozent der Stimmen hieven konnte. Der bisherige rote Regierungschef Bremens, Carsten Sieling, fuhr mit 24,9 Prozent das schlechteste Ergebnis für die Sozialdemokraten ein.
Und dennoch werden sie auch künftig die Schalthebel der Macht bedienen. Denn in der Nacht zum Montag einigten sie sich mit den Grünen, die bei dem Urnengang stark zulegen konnten (17,4 Prozent), und der Partei Die Linke (11,3 Prozent) auf ein Bündnis – eine Premiere für Westdeutschland, wo es bisher keine derartige Allianz gab. Freilich müssen dem 140 Seiten starken Koalitionspakt noch drei Parteitage zustimmen.
Inhaltlich setzt die RotGrün-Links-Allianz verstärkt auf Klimaschutz: So soll eine Verkehrswende eingeleitet werden – mit dem Ziel, die Innenstadt Bremens bis 2030 autofrei zu machen. Nicht zuletzt dafür soll der Personennahverkehr massiv ausgebaut werden. Schon bis 2023 sollen die Kohlekraftwerke in dem Stadtstaat vom Netz genommen werden. Zudem setzt die neue Regierung auf arbeitsmarktpolitische Programme für Alleinerziehende.
„Wenn ich auf den Koalitionsvertrag blicke, kann ich nur sagen: Es hat sich gelohnt“, sagte Sieling nach den Marathonverhandlungen. Der Sozialdemokrat hat sich für diese Dreier-Konstellation stark gemacht – er selbst wird ihr aber nicht angehören. Am Montag erklärte er überraschend seinen Rücktritt: „Es braucht eine personelle Neuaufstellung an der Spitze des Senats, und die muss jetzt erfolgen.“Deshalb stehe er nicht mehr für den Posten des Bürgermeisters zur Verfügung, betonte Sieling und zog damit die Konsequenzen aus dem Wahldesaster.
SPD sucht Chef/in
Indes geht auf Bundesebene die Suche nach einer neuen Spitze für die Sozialdemokraten jetzt richtig los. Am Montag begann die Bewerbungsfrist für die Nachfolge von Andrea Nahles. Bis 1. September können Interessenten ihre Kandidatur bekannt geben. Danach sind die rund 438.000 SPD-Mitglieder am Zug. Das Ergebnis soll am 26. Oktober feststehen. Erreicht kein/e Bewerber/in (auch Führungsduos sind möglich) 50 Prozent plus, kommt es zur Stichwahl.