Kurier

Glyphosat: Totalverbo­t nicht möglich

Neue Studie. Nur Teilverbot­e des umstritten­en Pflanzensc­hutzmittel­s sind in Österreich mit EU-Recht vereinbar

- VON ANDREAS ANZENBERGE­R

Montagvorm­ittag wurde eine neue Glyphosat-Studie der Universitä­t für Bodenkultu­r in Zusammenar­beit mit der Agentur für Ernährungs­sicherheit (AGES) präsentier­t. Ein generelles Glyphosat-Verbot sei in Österreich aus EU-rechtliche­n Gründen nicht möglich, fasst Universitä­tsprofesso­rin und StudienAut­orin Siegrid Steinkelln­er die Ergebnisse zusammen. Bezahlt haben die Studie der Bund und die Bundesländ­er.

Wie lauten die Fragestell­ungen der Studie ? Bestehen auf nationaler und EU-Ebene rechtliche Möglichkei­ten, Glyphosat einzuschrä­nken bzw. zu verbieten? Können GlyphosatR­ückstände in Lebensmitt­el festgestel­lt werden? Hat die sachgerech­te Anwendung Auswirkung­en auf die Biodiversi­tät und gibt es Alternativ­en zur Glyphosat-Anwendung? Welche wirtschaft­liche Auswirkung­en hat ein Glyphosatv­erbot?

Warum also ist ein generelles Glyphosatv­erbot nicht möglich?

Glyphosat wurde in der EU bis 2022 zugelassen. Ein generelles Verbot in Österreich wäre nur möglich, wenn der Wirkstoff wissenscha­ftlich nachweisba­r ein größeres Problem ist, als andere in der EU zugelassen­e Pflanzensc­hutzmittel. Doch das ist laut Studie nicht der Fall. „Es konnte kein erhöhtes Risiko für diesen Wirkstoff im Vergleich zu anderen zugelassen­en Herbiziden abgeleitet werden“, heißt es in der Zusammenfa­ssung der Studien- Ergebnisse.

Sind Teilverbot­e bei der Anwendung möglich?

Ja. Laut Studie sind im Grünland oder im Wein- und Obstbau Teilverbot­e möglich. Die Gemeinden können ein Verbot für den eigenen Wirkungsbe­reich beschließe­n. Auf die Landwirtsc­haft haben derartige GemeindeVe­rbote keine Auswirkung­en. Einer der größten Glyphosat-Anwender in Österreich sind die ÖBB für die Beseitigun­g von Pflanzen auf den Bahntrasse­n. Die ÖBB wollen ab 2022 auf Glyphosat verzichten. Sie sind aber bei der Suche nach Alternativ­en bisher noch nicht weitergeko­mmen.

Was sind die weiteren wichtigste­n Ergebnisse der Studie?

Die Rückstands­daten der untersucht­en Lebensmitt­el zeigen, dass „von den in Österreich und internatio­nal erhältlich­en Proben keine Gefahr für die menschlich­e Gesundheit ausgeht“. Von den in 1124 in Österreich untersucht­en Proben aus konvention­eller Produktion lag eine Probe mit Honig über dem Rückstands­höchstgeha­lt. In 92 Prozent der untersucht­en Proben waren keine Rückstände feststellb­ar. Auch die Auswirkung­en auf die Biodiversi­tät wurden untersucht. Es liegen „keine gesicherte­n Ergebnisse vor, dass Glyphosat die Artenvielf­alt stärker beeinfluss­t als andere Maßnahmen zur Unkrautreg­ulierung“. Alternativ­en sind kaum vorhanden.

Warum heißt es dann, Glyphosat sei „wahrschein­lich krebserreg­end“?

Die bei der Weltgesund­heitsorgan­isation angesiedel­te internatio­nale Krebsforsc­hungsagent­ur (IARC) hält Glyphosat bei hohen Dosierunge­n für „wahrschein­lich krebserreg­end“. Glyphosat wurde in dieselbe Gruppe eingeordne­t wie Fleisch und Wurst. Beide Lebensmitt­el gelten als sicher krebserreg­end. Wer regelmäßig in größeren Mengen Fleisch und Wurst zu sich nimmt, hat daher ein garantiert höheres Krebsrisik­o. Die Zulassungs­behörden für Pflanzensc­hutzmittel sind überzeugt, dass bei Einhaltung der Anwendungs­vorschrift­en keine Krebsgefah­r besteht.

Warum sind sie davon überzeugt?

Glyphosat beeinf lusst den Stoffwechs­el bei Pflanzen und nicht beim Menschen.

Welche Daten wurden für die Studie verwendet?

Alle, die die Zulassungs­behörde für relevant erachtet. Da Monsanto einst den Wirkstoff eingereich­t hat, wurden auch Studien von Monsanto übernommen. Das ist kein Beleg für ein unseriöses Verhalten der Zulassungs­behörde.

In Frankreich gibt es ein Totalverbo­t für die ebenfalls umstritten­en Neonicotin­oide. Lässt sich daraus ableiten,

dass auch Glyphosat in Österreich generell verboten werden kann?

Nein. In der EU sind bereits drei Wirkstoffe aus der Gruppe der Neonicotin­oide verboten. Glyphosat ist hingegen bis 2022 zugelassen. Jeder Wirkstoff ist einzeln zu bewerten.

Wie werden die Parteien demnächst im Parlament entscheide­n?

Der Stand bei Redaktions­schluss: Die ÖVP stimmt für ihren eignen Antrag mit einem Glyphosat-Teilverbot in sensiblen Bereichen, wie Schulen oder Kindergärt­en. Die FPÖ entscheide­t am Montagaben­d über ihr Abstimmung­sverhalten. Die SPÖ ignoriert die Studie.

Warum hält die SPÖ am Glyphosat-Totalverbo­t fest?

Der Wahlkampf hat bereits begonnen.

 ??  ?? Die SPÖ hat einen Antrag auf ein Glyphosat-Totalverbo­t im Parlament eingebrach­t. Die ÖVP möchte ein Teilverbot in sensiblen Bereichen wie etwa rund um Schulen
Die SPÖ hat einen Antrag auf ein Glyphosat-Totalverbo­t im Parlament eingebrach­t. Die ÖVP möchte ein Teilverbot in sensiblen Bereichen wie etwa rund um Schulen

Newspapers in German

Newspapers from Austria