Kurier

Keine Zeit für Börse-Helden

Kursverlus­te voraus. Minus von 15 Prozent und mehr eröffnet Kaufgelege­nheiten

- VON CHRISTINE KLAFL

Neues Jahr, neues Glück – mit diesem Motto zog mit Jänner frischer Optimismus an den Börsen ein. Vorbei war die Angst vor einer Rezession, die in den Wochen davor Ausverkäuf­e an den Aktienmärk­ten ausgelöst hatte. Bis in den Frühling hinein griffen die Anleger wieder bei Aktien zu. Seither schwanken die Kurse zwar wieder heftiger, die Halbjahres­bilanz kann sich dennoch sehen lassen. Auf Euro-Basis gerechnet hat sich der Weltaktien­korb (MSCI Welt) um mehr als 16 Prozent verteuert. „Das ist super, es läuft fast zu gut“, sagt Helge Rechberger, Analyst der Raiffeisen Bank Internatio­nal.

Der Montag als Start ins zweite Halbjahr zeigte einmal mehr, wie groß der Optimismus der Anleger – noch – ist. An den Börsen wurde gefeiert, dass es im Zollstreit der USA mit China zumindest vorläufig eine Entspannun­g gibt. Und dass der US-Bann gegen den chinesisch­en Netzwerkau­srüster Huawei gelockert wurde. Dass laut Daten vom Montag die Industrie in China weiter an Schwung verliert und die Industrie der Eurozone auch im Juni ihre Talfahrt fortsetzte, fiel an den Börsen wenig ins Gewicht.

Harte Fakten

„Auch die harten Fakten werden aber wieder berücksich­tigt werden“, meint Rechberger. Zudem können die USHandelsk­onflikte mit China, Mexiko und der EU jederzeit wieder hochkochen. Brexit, Konflikt mit dem Iran, Italiens Schuldenpo­litik – Risiken für die Aktienmärk­te gibt es reihenweis­e. Die Experten des US-Vermögensv­erwalters T. Rowe Price meinen dazu: „Die Risiken steigen, sodass es nicht die Zeit ist, ein Held zu sein.“Die Vermögensv­erwalter von Columbia Threadneed­le raten zur Senkung des Aktiengewi­chtes in der Veranlagun­g und einer allgemein geringeren Risikoneig­ung.

Worauf müssen sich die Anleger einstellen? „Auf Kursverlus­te von fünf bis fünfzehn Prozent“, sagt RBI-Experte Rechberger. Heftigen Gegenwind an den Börsen erwartet er bis Oktober. Die anschließe­nde Erholung werde die globalen Leitindize­s aber wohl kaum an die aktuellen Niveaus heranführe­n können. „Im Tal der Tränen kann man aber durchaus wieder Aktien einsammeln“, so Rechberger. Vor allem Werte, die durchaus auch mehr als 15 Prozent verlieren können – wie etwa Autobauer oder Fluglinien. Aktien aus der Welt der IT zählen nicht zu seinen Tipps.

Vor allem in den USA brummt die Konjunktur noch. Im kommenden Jahr dürfte sich das Wirtschaft­swachstum allerdings auf 1,5 Prozent einbremsen. Ein guter Grund für US-Präsident Donald Trump, die Notenbank dazu aufzuforde­rn, die Leitzinsen rasch zu senken – auch wenn die Fed unabhängig ist. Offen ist, wie sehr die Fed diese Unabhängig­keit demonstrie­ren wird. „Munition“für Zinssenkun­gen hat die Fed allemal, hält der Leitzins doch bei 2,25 bis 2,5 Prozent, während das EuroPendan­t bei 0,00 Prozent liegt. Bis Jahresende gehen die Analysten von zwei Zinssenkun­gen in den USA aus. Tiefere Zinsen in den Vereinigte­n Staaten und keine Zinsen in der Eurozone zeigen aber auch: Aktien bleiben wichtig, wenn es darum geht, die Inf lation zu schlagen. Nach den Sommer- und Herbstgewi­ttern an den Börsen sollte es wieder nach oben gehen, so die Prognosen.

Börsenprem­iere

Der mit Abstand größte Börsegang des ersten Halbjahres war übrigens jener des Fahrdienst-Vermittler­s Uber in New York. Nach der Premiere im Mai gab es anfänglich kräftige Bremsspure­n. Die Aktie, die in der Emission 45 Dollar gekostet hatte, fiel auf bis zu 36 Dollar. Mittlerwei­le werden die Uber-Papiere aber für mehr als 46 Dollar gehandelt.

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Uber-Boss Dara Khosrowsha­hi vor der New Yorker Börse: Zu Beginn floppte die Aktie

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