Der Herr des Schmunzelns
Der argentinische Zeichner Mordillo ist tot. Seine Zeichnungen leben weiter
Der bekannte argentinische Zeichner Mordillo ist tot.
Die Nachricht von seinem Tod kam zugleich mit der Frage, wer denn hier eigentlich betrauert wird: Mordillo?
Eine biografische Lücke Spätgeborener, die ohne die lustigen Knollenfiguren des argentinischen CartoonStars Guillermo Mordillo groß wurden. Es gab eine Zeit, da waren seine Zeichnungen omnipräsent: Wer in den Achtziger- und Neunzigerjahren im Geschenkeladen stöberte, weil die Nichte oder der Großonkel Geburtstag hatten, griff zu einem Häferl mit einer Mordillo-Figur. Oder einem Kalender. Oder einem bedruckten Polster. Falsch lag man damit nie. Und man trug nicht nur positiv zum Kontostand des Argentiniers bei, dessen Urheberrecht hier zum Tragen kam, sondern auch zum Prinzip dieser Art Kunst: Repetition ist alles. Mordillos Knollennasen sind beim ersten Ansehen niedlich. Beim zweiten Mal herzig. Beim tausendsten Mal fühlt man immer noch ein inneres Lachen, auch wenn sein Frauenbild aus der Zeit gefallen ist.
Postkartenmaler
Mordillo war in frühen Jahren Postkartenmaler, was ihn zwar frustrierte, schwerere biografische Verirrungen blieben aber aus. „Der glücklichste Tag in meinem beruflichen Leben war der Tag, als ich meinen Job verlor“, sagte er einmal. Seine folgende Lauf bahn spiegelte auch einen wichtigen Teil der Mediengeschichte: Zur Blütezeit der gedruckten „Illustrierten“und Nachrichtenmagazine im Hochglanzprint war auch Mordillo am Weg nach oben. Jeder wollte seine Knollen.
Nach Stationen unter anderem in Lima, New York und Paris gelang ihm Ende der 60er-Jahre der Durchbruch: mit der Veröffentlichung seiner Cartoons in Paris Match, Stern und anderen führenden Magazinen rund um die Welt.
Es gab kein Halten mehr. Selbst in China fand Mordillo viele Fans. In den 70er-Jahren galt er als meistveröffentlichter Zeichner weltweit. Dass dies auch massenhaft auf Postkarten geschah, ist jene feine Ironie, die jeder erfolgreichen Biografie gestattet sei.
Mordillo wurde am 4. August 1932 als Sohn spanischer Einwanderer in Buenos Aires geboren. Zu zeichnen begann er, nachdem er als Fünfjähriger im Kino „Schneewittchen“gesehen hatte. „Ich hörte nicht mehr auf zu zeichnen.“
Warum die Figuren des Mordillo so unglaublich anziehend waren, erklärt sich – wie bei allen großen Humoristen – in der Vielschichtigkeit ihres Schöpfers, die in dessen Zeichnungen f loss. Mordillo, das war auch tiefe Sentimentalität: „Humor ist die Zärtlichkeit der Angst“, erklärte er einst. Oder: „Wenn ich ganz glücklich wäre, brauchte ich nicht Humorist zu sein.“
Trauriger Clown
Als der Anschlag auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo erfolgte, zeichnete er einen traurigen Clown mit einem Bleistift in der Hand. Er war neben Tusche sein Mittel der Wahl, um die Figuren zu zeichnen, die er dann sattsam kolorierte.
Mordillo starb am Wochenende mit 86 Jahren in seiner Wahlheimat Mallorca. Er brachte Millionen zum Schmunzeln. Man hörte sie gemeinsam schniefen.