Kurier

Der Herr des Schmunzeln­s

Der argentinis­che Zeichner Mordillo ist tot. Seine Zeichnunge­n leben weiter

- VON PHILIPP WILHELMER

Der bekannte argentinis­che Zeichner Mordillo ist tot.

Die Nachricht von seinem Tod kam zugleich mit der Frage, wer denn hier eigentlich betrauert wird: Mordillo?

Eine biografisc­he Lücke Spätgebore­ner, die ohne die lustigen Knollenfig­uren des argentinis­chen CartoonSta­rs Guillermo Mordillo groß wurden. Es gab eine Zeit, da waren seine Zeichnunge­n omnipräsen­t: Wer in den Achtziger- und Neunzigerj­ahren im Geschenkel­aden stöberte, weil die Nichte oder der Großonkel Geburtstag hatten, griff zu einem Häferl mit einer Mordillo-Figur. Oder einem Kalender. Oder einem bedruckten Polster. Falsch lag man damit nie. Und man trug nicht nur positiv zum Kontostand des Argentinie­rs bei, dessen Urheberrec­ht hier zum Tragen kam, sondern auch zum Prinzip dieser Art Kunst: Repetition ist alles. Mordillos Knollennas­en sind beim ersten Ansehen niedlich. Beim zweiten Mal herzig. Beim tausendste­n Mal fühlt man immer noch ein inneres Lachen, auch wenn sein Frauenbild aus der Zeit gefallen ist.

Postkarten­maler

Mordillo war in frühen Jahren Postkarten­maler, was ihn zwar frustriert­e, schwerere biografisc­he Verirrunge­n blieben aber aus. „Der glücklichs­te Tag in meinem berufliche­n Leben war der Tag, als ich meinen Job verlor“, sagte er einmal. Seine folgende Lauf bahn spiegelte auch einen wichtigen Teil der Mediengesc­hichte: Zur Blütezeit der gedruckten „Illustrier­ten“und Nachrichte­nmagazine im Hochglanzp­rint war auch Mordillo am Weg nach oben. Jeder wollte seine Knollen.

Nach Stationen unter anderem in Lima, New York und Paris gelang ihm Ende der 60er-Jahre der Durchbruch: mit der Veröffentl­ichung seiner Cartoons in Paris Match, Stern und anderen führenden Magazinen rund um die Welt.

Es gab kein Halten mehr. Selbst in China fand Mordillo viele Fans. In den 70er-Jahren galt er als meistveröf­fentlichte­r Zeichner weltweit. Dass dies auch massenhaft auf Postkarten geschah, ist jene feine Ironie, die jeder erfolgreic­hen Biografie gestattet sei.

Mordillo wurde am 4. August 1932 als Sohn spanischer Einwandere­r in Buenos Aires geboren. Zu zeichnen begann er, nachdem er als Fünfjährig­er im Kino „Schneewitt­chen“gesehen hatte. „Ich hörte nicht mehr auf zu zeichnen.“

Warum die Figuren des Mordillo so unglaublic­h anziehend waren, erklärt sich – wie bei allen großen Humoristen – in der Vielschich­tigkeit ihres Schöpfers, die in dessen Zeichnunge­n f loss. Mordillo, das war auch tiefe Sentimenta­lität: „Humor ist die Zärtlichke­it der Angst“, erklärte er einst. Oder: „Wenn ich ganz glücklich wäre, brauchte ich nicht Humorist zu sein.“

Trauriger Clown

Als der Anschlag auf die Satirezeit­schrift Charlie Hebdo erfolgte, zeichnete er einen traurigen Clown mit einem Bleistift in der Hand. Er war neben Tusche sein Mittel der Wahl, um die Figuren zu zeichnen, die er dann sattsam kolorierte.

Mordillo starb am Wochenende mit 86 Jahren in seiner Wahlheimat Mallorca. Er brachte Millionen zum Schmunzeln. Man hörte sie gemeinsam schniefen.

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 ??  ?? Mordillo vor seinen Zeichnunge­n. 2015 gastierte er im Karikaturm­useum Krems
Mordillo vor seinen Zeichnunge­n. 2015 gastierte er im Karikaturm­useum Krems

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