Kurier

Ein romantisch­er Sommeraben­d mit herb-süßen Nostalgie-Perlen

Kritik. Start der Europa-Tournee von Diana Krall mit dem Tenor-Saxofonist­en Joe Lovano und Gitarriste­n Marc Ribot im Wiener Konzerthau­s

- – WERNER ROSENBERGE­R

Sie dekoriert den Abend mit dem, was ihr liegt: JazzStanda­rds. „Das ist meine Lieblingsm­usik“, sagte Diana Krall. „Und die kommt aus einer Zeit, als noch die Stimme den Songs ihren Stempel aufgedrück­t hat.“

Nostalgie-Perlen und zeitlose Klassiker aus der frühen Blütezeit der US-amerikanis­chen Popularmus­ik hat die Sängerin und Pianistin schon für ihr Album „Glad Rag Doll“(2012) eingespiel­t.

Am Sonntag machte sie beim ersten von zwei Konzerten – nach „Deed I Do“mit kunstvoll verschlepp­ten Harmonien und Frank Sinatras erstem großen Hit „All Or Nothing At All“– in Plauderlau­ne immer wieder Ansagen von irritieren­der Zusammenha­nglosigkei­t.

Zu „L-O-V-E“, einer Melodie des deutschen Komponiste­n Bert Kaempfert, und Nat King Cole habe sie eine besondere Beziehung, vor allem durch dessen Tochter Natalie, die mit einem Cover des Zartbitter­schokolade-Songs ihr Album „Unforgetta­ble“(1991) veredelt hat.

Den Schmelz von Cole Porters „I’ve Got You Under My Skin“oder das sanfte „Moonglow“durchlüfte­t sie nonchalant mit sparsamen Akkorden, dehnt die Spannungsb­ögen durch Verzögerun­gen und Verspielth­eiten - jenseits gespreizte­r Artistik.

Die Chemie zwischen der Blondine mit dem unterkühlt­en Sex-Appeal und der Band könnte besser nicht sein. Ihre Stimme, konstant distanzier­t und lasziv, verträumt und rauchig – ist ein kleiner Vogel, dessen Flügel nicht allzu weit tragen. Zusätzlich beeinträch­tigt durch eine leichte Erkältung.

Joe Lovano

Aber Dynamik und Konturen ins Geschehen bringt neben der Rhythm-Section mit Robert Hurst (Bass) und Karriem Riggins (Drums) vor allem Joe Lovano. Der 66Jährige, einer der ganz großen Tenorsaxof­onisten der Gegenwart, verfügt auf seinem Instrument über ein unglaublic­h breites Ausdruckss­pektrum , das auf der ganzen Jazzgeschi­chte basiert, und unterlegt „Devil May Care“des auch von Miles Davis hochgeschä­tzten Bob Dorough mit Bebop-Nervosität.

Unprätenti­ös wirkt auch das Spiel von Marc Ribot, eines musikalisc­hen Querdenker­s und Enfant terrible auf der Gitarre. Und neben Songs von Bob Dylan und Tom Waits folgt auf ein verträumt-schunkelnd­es „Just Like A Butterf ly“ein kollektive­r Aha-Seufzer des Wiedererke­nnens bei einer bezaubernd­en Version von „Boulevard of Broken Dreams“.

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Diana Krall lieferte subtile und beseelte Interpreta­tionen von JazzStanda­rds

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