Kurier

Rapid-Kessel im Fokus der Justiz

Wien. Ein leitender Polizist spricht vor dem Gericht von beispiello­ser Aggression der Fans.

- VON MICHAELA REIBENWEIN UND BIRGIT SEISER

Prozess. Ein leitender Polizist spricht vor Gericht von beispiello­ser Aggression der Fans. Es sei nie der Plan gewesen, eine so große Anzahl von Menschen anzuhalten.

„Sie wollten ihre Herrschaft über die Straße und ihre Macht über die Polizei demonstrie­ren“– mit diesen Worten beschrieb am Dienstag der Einsatzlei­ter und Hauptberic­hterstatte­r der Polizei, Gerald Lischka, die Situation am 16. Dezember 2018.

Lischka schildert im Landesverw­altungsger­icht Wien die Szenen, die sich aus Polizeisic­ht rund um das Wiener Derby abgespielt hatten – und die schlussend­lich als „Rapid-Kessel“bekannt wurden.

Im Polizei-Bericht stand damals über die Situation mit den Rapid-Fans: „Die Straße gehört ihnen, die Polizei kann nichts tun.“Wie berichtet, waren nach Ausschreit­ungen vor dem Wiener Derby 1.338 Rapid-Fans eingekesse­lt worden. Sie hatten am Fanmarsch teilgenomm­en. 28 Fans hatten später Beschwerde gegen die Polizei eingebrach­t.

Massive Konfrontat­ion

Lischka war für den Polizeiein­satz außerhalb des Stadions zuständig. Der stellvertr­etende Leiter der Bereitscha­ftseinheit sagt, selten zuvor so eine Aggressivi­tät ab dem ersten Moment erlebt zu haben – und das trotz seiner 21 Jahre im Dienst.

Ab dem Moment des Eintreffen­s der Polizei hätte es sofort Beschimpfu­ngen gegeben. Die Beamten wurden demnach mit Schneebäll­en beworfen. „Die Fans waren auf eine massive Konfrontat­ion aus. Ich habe fast minütlich Funkmeldun­gen bekommen, dass Kollegen gefährdet sind“, schildert Lischka. Auch Passanten seien bedrängt und mit Schneebäll­en beworfen worden. Der Einsatz von Pyrotechni­k sei außerdem „definitiv massiver“gewesen, als bei anderen Fanzügen.

Der Richter kennt nur die Videos. Er hätte den Eindruck eines Bandenkrie­ges oder Bandenterr­ors gehabt.

Laut Lischka war es nicht möglich, deeskalier­end auf die Fans einzuwirke­n. „Ein Dialog mit Rapidfans wie den Ultras ist nicht möglich gewesen.“Und: „Ich habe laufend mit der Einsatzlei­tung Rücksprach­e gehalten, aber wir wurden immer nur auf Deeskalati­on verwiesen“, sagt Lischka.Doch im Vorfeld sei es nicht möglich gewesen, Störenfrie­de herauszufi­schen. „Da wäre es zu einem massiven Waffengebr­auch gekommen.“Er meint damit den Taser. „Da hätte es auch Menschen erwischt, die sich nichts zu Schulden kommen haben lassen. Ich gehe davon aus, dass es dann Verletzte gegeben hätte.“

Als schließlic­h Gegenständ­e auf die Wiener Tangente geworfen wurden, habe man sich kurzfristi­g entschloss­en, die Fans einzukesse­ln und Identitäts­feststellu­ngen vorzunehme­n. Einige mussten sechs Stunden lang in der Kälte ausharren. Schneller, so Lischka, sei ein „Abarbeiten“nicht möglich gewesen. Familien mit Kindern, Personen „mit dringendem Stuhlgang“und Frauen hätten den Bereich bevorzugt verlassen können. Am Mittwoch wird weiterverh­andelt.

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Pyrotechni­k, wohin das Auge blickt: „Fans waren auf eine massive Konfrontat­ion aus“, sagt Gerald Lischka von der Bereitscha­ftseinheit

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