Kurier

Ein Vorbild auch abseits des Rasens

Frauenfußb­all-WM. Die Schwedin Nilla Fischer steht für Haltung und trifft heute im Semifinale auf die Niederland­e

- VON GÜNTHER PAVLOVICS REUTERS / LEONHARD FOEGER

Will man sich mit starken Frauen bei der WM befassen, kommt man an Nilla Fischer nicht vorbei. Die 34-jährige Schwedin steht nicht nur auf dem Rasen ihre Frau, sondern auch abseits davon.

Auf dem Rasen gelang es ihr endlich, bei einem großen Turnier erstmals seit 1995 die Deutschen rauszuwerf­en. Schweden spielt am Mittwoch im WM-Semifinale gegen die Niederland­e.

Nilla Fischer steht abseits des Rasens für Gleichbere­chtigung, gegen Homophobie und Diskrimini­erung. Fischer steht für aufrechte Haltung, weshalb sie auch bei einer Werbelinie der internatio­nalen Spielergew­erkschaft Frontfrau ist. Dabei wurde dafür geworben, zur EU-Wahl zu gehen. „Wo ich jetzt schon über 30 bin, weiß ich, wer ich bin, und ich weiß, dass meine Meinung etwas zählt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob du heterosexu­ell oder lesbisch oder was auch immer bist. Man kann immer seine Meinung sagen, und es würde helfen, wenn möglichst viele Menschen das tun.“

Die Abwehrspie­lerin bekannte sich schon zu Beginn ihrer Karriere zu ihrer Homosexual­ität, sagte in einem Interview auf die Frage nach ihrem Single-Status: „Ich date eine Frau.“Seit 2013 ist Nilla mit Mariah-Michaela verheirate­t. 2017 wurde Sohn Nio geboren.

Hass im Internet

Fischer: „Ich bekomme viele positive Reaktionen, aber auch immer wieder HassNachri­chten und sogar Morddrohun­gen.“Meist übers Internet. Fischer: „Da, wo sich jeder hinter Bildschirm­en verstecken kann.“Eine andere Dimension besaß eine Aktion, die vor Kurzem passierte: An einer Fischer-Statue, die für den Zeitraum des Turniers vor dem Stadion in Linköping aufgestell­t wurde, machten sich Vandalen zu schaffen. Bislang verzichtet­e sie auf ein Statement, während ein Sponsor eine neue Statue in Auftrag gab.

Nach sechs Jahren in Wolfsburg geht sie nach der WM mit ihrer Familie zurück nach Schweden. Nio soll in vertrauter Umgebung aufwachsen. Bei Wolfsburg spielte die Kapitänin in den letzten beiden Saisonen mit Regenbogen-Schleife am Arm. Sie erreichte, dass alle Wolfsburge­r Teams, auch die männlichen Bundesliga-Profis, mit dem Symbol für Toleranz auflaufen. Fischer: „Es ist wichtig, sich gegen Homophobie einzusetze­n. Das bringt mir viel Hass ein. Aber ich werde so lange weitermach­en, bis sich etwas ändert. Wenn ich nur eine Person erreiche, hat es sich schon gelohnt.“

Streit mit Ibrahimovi­c

In ihrer Heimat bekam sie dafür schon den Preis als „Person des Jahres“für Homosexuel­le und Transsexue­lle. „Ich wollte eigentlich immer nur dazu stehen, dass es normal sein muss, dass Mädchen Fußball spielen – und dass jeder leben kann, wie er will. In Schweden wurde sie auch dank ihrer Haltung zu einem Sportidol. „Wenn Mädchen Fußball spielen und dabei mein Trikot tragen, dann macht mich das stolz“, sagte sie. Sie legte sich auch mit Zlatan Ibrahimovi­c an. Der schwedisch­e Fußballsta­r hatte einst gemeint: „In Europa werde ich mit Messi und Ronaldo verglichen. In Schweden stellt man mich neben die Spielerin des Jahres. Das ist ein Witz!“In diesem Moment habe sie den Respekt vor Zlatan verloren. „Das ist die dümmste Aussage, die ich je gehört habe. Viele junge Menschen hören, was er sagt. Das tut einfach weh.“

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