Wirte-Chef: „Wir sind erschüttert“
Ausgeraucht. Das Rauchverbot in Lokalen ist fix. Auch in Shisha-Bars hat es sich ausgedampft
Es gibt die einen, die vor Wut schäumen: Die „Puritaner, die Pharisäer und die politisch Korrekten“haben das lange Ringen ums Rauchverbot gewonnen, sagt etwa der FPÖ-Abgeordnete Peter Wurm im Plenum. Und dann gibt es die, die sagen: „Vielleicht retten wir ja ein paar 100.000 Österreichern das Leben.“Dieser FPÖ-Mandatar möchte aber lieber nicht genannt werden.
Das totale Rauchverbot in der Gastronomie ist seit Dienstag beschlossene Sache: Die ÖVP ging mit einem Antrag von SPÖ, Neos und Liste Jetzt mit – und wandte sich damit von dem vor knapp eineinhalb Jahren mit der FPÖ in der Koalition paktierten Rauchergesetz ab. Für SPÖ-Chefin und Ärztin Pamela Rendi-Wagner ist der Plenartag „ein Freudentag“. Die „18-monatige Ignoranz“(aus der türkis-blauen Ära, Anm.) sei beendet. Eine der „absurdesten Hinterlassenschaften der abgewählten konservativen Regierung“sei nun beseitigt, meint ListeJetzt-Abgeordnete Daniela Holzinger-Vogtenhuber.
Die ÖVP muss sich vom Ex-Koalitionspartner FPÖ vorwerfen lassen, wortbrüchig zu sein – was am türkisen Klub abprallt. So sagt Sozialsprecher Alois Wöginger, der Entschluss sei damals ja aus Koalitionsräson gefallen – und die Koalition gibt es nicht mehr. Erleichtert ist auch ÖVP-Gesundheitssprecherin Gabriela Schwarz, die Kettenraucherin war, wie sie im Plenum erzählt. „Ich weiß, wie leicht der Einstieg war, und wie schwierig es ist, sich wieder zu lösen.“
„Rund 12.000 Gastro-Betriebe im ganzen Land sind verärgert und erschüttert.“Mario Pulker Bundesobmann Gastronomie
Lärm-Probleme
Enttäuscht ist Mario Pulker, Bundesobmann der Gastronomie in der Wirtschaftskammer: „Rund 12.000 Betriebe im ganzen Land sind erschüttert.“Er ärgert sich darüber, dass der Abänderungsantrag der ÖVP keine Mehrheit fand.
„Es ging etwa darum, dass der Lärm vor der Betriebsstätte nicht den Gastronomen zugeschrieben werden darf. Die Wirte sollten für Investitionen seit 2017 eine Abgeltung erhalten. Und ab 23 Uhr sollte es den Betrieben freistehen, ob sie drinnen das Rauchen erlauben, um die Anrainer zu schützen“, so Pulker. Dass SPÖ und FPÖ dagegen stimmten, sei ein Geplänkel. „Sie sammeln nur Munition für den Wahlkampf. Die FPÖ hat sich als Retter der Gastronomie präsentiert, jetzt ist sie ihr Totengräber.“Und Pulker befürchtet, dass Sperrstunden vorverlegt werden – aus Angst vor Strafen wegen Lärmbelästigung durch rauchende Gäste vor den Lokalen.
Kritik übt die Wirtschaftskammer auch am Aus für Shisha-Bars – in denen traditionell Getränke konsumiert und Wasserpfeifen geraucht werden. Durch das Rauchverbot stehen laut Branchenvertretern bundesweit 500 Betriebe vor dem finanziellen Ruin, insgesamt müssten rund 10.000 Mitarbeiter gekündigt werden. 6.000 allein in Wien, wo sich etwa die Hälfte aller Shisha-Bars befindet.
In der EU ist das einzigartig, denn in allen anderen Mitgliedsstaaten gelten Ausnahmeregelungen für Wasserpfeifen. Auf eine solche habe man bis zuletzt auch in Österreich gehofft, sagt Branchensprecher Jakob Baran vom Shishaverband. Stattdessen sehe man sich nun gezwungen „die Harakiri-Aktion der Politik“mittels Verfassungsklage anzufechten. Und man rechne sich gute Chancen aus, sagt Baran.
Trafikanten-Protest
Andreas Schiefer, WK-Trafikanten-Obmann befürchtet durch das Verbot Einbußen und Jobverluste bei den Trafiken. 25 bis 30 Prozent der Österreicher seien Raucher, die Trafikanten hätten täglich eine Million Kundenkontakte. „Die Politik soll überlegen, wem sie da auf die Füße tritt“, sagt Schiefer.
Vor allem kleine Wirte würden das Rauchverbot spüren: „Hoffentlich gleichen die, die das Verbot befürworten, das aus“, sagt er. Schiefer ist aber überzeugt, dass Raucher und Trafikanten einen Weg finden werden: „Wenn nicht mehr im Wirtshaus geraucht wird, dann werden die Trafiken vermehrt die soziale Funktion übernehmen.“