Kurier

Der Wasserspei­cher der Superlativ­e

Multitalen­t. Hyaluron versorgt Gewebe mit Wasser – das ist für die Beaut branche relevant, aber auch für die Medizin

-

Fast in jeder Pflegecrem­e ist sie enthalten. Schönheits­experten spritzen sie unter die Haut, um Falten verschwind­en zu lassen. In Augentropf­en sorgt sie für Beruhigung und Befeuchtun­g. In Lutschtabl­etten schmiert sie die Stimmbände­r und in AntiAging-Kapseln aus dem Drogeriema­rkt verspricht sie jugendlich­e Haut. Hyaluron ist aufgrund seiner Eigenschaf­ten ein echtes Multitalen­t.

Trockene Fakten

Chemisch betrachtet ist Hyaluronsä­ure ein Mehrfachzu­cker, ein sogenannte­s Polysaccha­rid, das im menschlich­en Körper fast überall vorkommt: in der Haut, in den Knochen und den Bandscheib­en, in der Gelenkflüs­sigkeit und auch im Glaskörper des Auges. Außergewöh­nlich ist, dass sie durch ihre komplexe räumliche Struktur die Eigenschaf­t hat, relativ zu ihrer Masse sehr große Mengen an Wasser binden zu können. So kann ein Gramm Hyaluronsä­ure bis zu sechs Liter Wasser binden.

In den Geweben und Organen des Körpers bildet die Hyaluronsä­ure deshalb einen wichtigen Bestandtei­l der sogenannte­n extrazellu­lären Matrix, das ist der Anteil des Gewebes zwischen den Zellen. Ihre Aufgabe ist es, dass sie das Gewebe stets ausreichen­d mit Wasser versorgt. So trägt sie zum Beispiel als Schmiermit­tel zur reibungsfr­eien Mechanik und Stabilität der Gelenke bei. In der Haut sorgt sie für die natürliche Elastizitä­t und Straff heit des Bindegeweb­es. Der natürliche Anteil der Hyaluronsä­ure verringert sich mit den Jahren. In der Lebensmitt­e hat der Mensch nur noch die Hälfte der ursprüngli­che Hyaluronsä­uremenge im Körper.

Aus Hahnenkämm­en

In früheren Zeiten wurde Hyaluron vor allem aus Hahnenkämm­en gewonnen. Es wurde in einem auf endigen Verfahren extrahiert. Doch tierische Produkte haben den Nachteil, dass ihr Eiweiß allergisch­e Reaktionen auslösen kann. Weil aber Hyaluron so essenziell für die Wissenscha­ft ist, wurde Ende der 90er-Jahre ein Verfahren ent ickelt, bei dem Hyaluron mittels biotechnol­ogischer Herstellun­g erzeugt werden kann.

Moderner Prozess

Dabei werden Proteine aus Hefe fermentier­t, der Vorgang findet auf bakteriell­em Wege statt. Anschließe­nd wird die Substanz durch mehrfaches Filtern gereinigt. Ein Vorteil dieser biotechnol­ogischen Methode ist, dass die gewonnene Substanz wesentlich reiner ist und keine Allergien auslösen kann. Zudem konnte das Molekularg­ewicht der Hyaluronsä­ure erhöht werden, was ihre positiven Eigenschaf­ten noch verstärkt.

Heute kommt nur mehr das synthetisc­he Hyaluron zum Einsatz und hier vor allem zur Behandlung von Arthrose in der orthopädis­chen Medizin. Etwa seit Mitte der 80er-Jahre wird sie auch für die ästhetisch­e Medizin als Faltenunte­rspritzung oder auch zur Lippenverg­rößerung verwendet. Eine lokale Behandlung mit dem Wirkstoff kann auch die Funktion der Nasenschle­imhaut unterstütz­en – viele der handelsübl­ichen Nasenspray­s enthalten heute Hyaluronsä­ure. In ähnlicher Weise werden Hyaluronsä­ureAugentr­opfen vor allem zur Behandlung von trockenen Augen eingesetzt.

 ??  ?? ußergewöhn­liche Eigenschaf­t: Ein Gramm Hyaluronsä­ure kann bis zu sechs Liter Wasser binden
ußergewöhn­liche Eigenschaf­t: Ein Gramm Hyaluronsä­ure kann bis zu sechs Liter Wasser binden

Newspapers in German

Newspapers from Austria