Platz für „Feinspitz-Programm“
Peter Schöber. Der ORFIII-Senderchef im Gespräch über den Kultursommer, die Info-Schiene und Begehrlichkeiten
Bei ORFIII stehen die nächsten Höhepunkte des Kultursommers an (siehe Kasten rechts). Und ginge es nach manchem Festival, könnte es noch mehr sein. „Bei dem großen Angebot in Österreich ist klar: Wir können nicht alles machen, aber wir machen redaktionell doch recht viel“, meint ORFIII-Senderchef Peter Schöber dazu.
Was gezeigt wird, das wählen eine Fachredaktion und Barbara Rett aus. „Wenn sie sagt, das sollten wir machen, dann machen wir das in aller Regel.“Wobei es Schöber generell um die Mischung geht. „Würden wir jeden Sonntag nur die Gassenhauer aus Operette und Oper zeigen, dann wird das auch nicht unserem Auftrag gerecht. Da muss auch ein – nennen wir es – ,Feinspitz-Programm‘ Platz finden.“
Die Kritik, ORFIII hafte angesichts des verfolgten traditionellen Kulturbegriffes manchmal die Patina eines Hofratswitwen-Senders an, kontert Schöber so: „Das sind sicher sehr treue Seherinnen. Dazu sind aber noch viele andere gekommen, wie uns die internen Zahlen zeigen. Und es ist doch schön, in einem Land zu leben, in dem im Schnitt jeden Sonntag 80.000 bis 100.000 sich im Rahmen von ,Erlebnis Bühne‘ ein Konzert oder eine Oper anschauen.“
Über Sendungsquoten verliert man bei ORFIII darüber hinaus aus Prinzip nicht viele Worte. Nur „das beste Programm nützt nichts, wenn man keine Zuseher hat.“Und: „Das, was ORFIII an Publikum erreicht, würde manch Privater gern haben.“Im Schnitt schauen täglich zehn Prozent der österreichischen TV-Haushalte bei steigender Verweildauer. „Aber natürlich ist für einen Sender wie ORFIII irgendwann der Plafond erreicht.“
Goldgriff
Wie es der Sender im Namen trägt, ist ORFIII Kultur und Information. Letztere wird seit 2017 von Ingrid Thurnher als Chefredakteurin geleitet – „ein Goldgriff “, sagt der gebürtige Oberösterreicher. Denn getan habe sich viel. „Der frühere Vorwurf, dass ORFIII nicht aktuell reagiere, gehört wirklich der Vergangenheit an. ORFIII kann heute schnell und unkompliziert auf aktuelle Ereignisse reagieren. Die Mannschaft ist sofort auf Betriebstemperatur – das gilt sowohl journalistisch wie auch inzwischen technisch.“Das hängt zum Teil an der Produktionsweise. „Wir sind von Generaldirektor und kaufmännischem Direktor ermuntert worden, völlig neue Wege zu gehen. Das heißt, wir nutzen neue Technologien, die von absoluten Profis angewendet werden. Das ist quick, aber nicht dirty.“Und wird inzwischen auch von ORFIII für andere ORF-Sender eingesetzt.
Von außen betrachtet irritiert nur manchmal, dass sich ORF-Sender mit InfoSendungen konkurrenzieren. Schöber meint aber: „Die Abstimmung innerhalb des Konzerns ist mit der Bestellung der Channel-Manager und Sender-Chefredakteure besser geworden und funktioniert sehr gut.“Die NewsPhilosophie des Spartensenders lautet dabei: „Wir begleiten Ereignisse, liefern das Fernsehsignal, sind live drauf.“Das zeigten die Übertragungen aus dem Parlament, aber auch die vielen Sondersendungen bei Ereignissen wie der Regierungskrise mit teilweise stundenlangen Einstiegen. „Die Menschen suchen das inzwischen bei uns.“
Für die Gründung von ORFIII hat ORF-Chef Alexander Wrabetz eine ROMY bekommen. Es gilt als sein liebstes Spielzeug, mit dem auch mal Begehrlichkeiten bedient werden. „Das sehe ich nicht. Für uns gelten die gleichen Vorgaben wie für alle anderen“, widerspricht Schöber. „Was aber ein großer Vorteil für uns ist, dass wir im ORF mit Alexander Wrabetz einen bekanntermaßen sehr kultur- und klassikaffinen Generaldirektor mit großem Zeitgeschichtebewusstsein haben. Das macht vieles einfacher.“ORFIII hat heute einen Eigen-, Auftrags- und Co-Produktionsanteil in der erweiterten Primetime ( 19 bis 24 Uhr) von über 85 Prozent. Das Programmbudget liegt bei jährlich nur 13 Millionen. „Das geht ganz gut, mehr wäre natürlich immer besser, aber vereinzelt kann Mangel auch Kreativität fördern.“