Kurier

Österreich ist rauchfrei

AUSGEDÄMPF­T

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Nach fast 25 Jahren Diskussion ist das totale Rauchverbo­t in Lokalen nun fix. Shisha-Bars müssen schließen, auch Zeltfeste sind betroffen. Dass eine neue Regierung das wieder ändert, scheint diesmal ausgeschlo­ssen.

„Zack, zack, zack“und weg war das Herzenspro­jekt von Kettenrauc­her Heinz-Christian Strache. Der mittlerwei­le legendäre Sager aus dem Ibiza-Video war der Kalauer gestern unter den Abgeordnet­en. Der Grund: 30 Beschlüsse standen auf der Tagesordnu­ng. Die ÖVP – nicht mehr an die Koalitions­räson gebunden – schloss am Dienstag im Nationalra­t gemeinsam mit der SPÖ endgültig die Raucherber­eiche in der Gastronomi­e (siehe Seite 17).

Offiziell wüteten die Blauen und bezeichnet­e das Vorgehen der Türkisen als Wortbruch. „Wir werden keine Beschlüsse aus der Koalitions­zeit zurücknehm­en“, so FPÖ-Chef Norbert Hofer gegenüber dem KURIER. Doch wirklich begeistert waren die blauen Spitzenpol­itiker über die Raucherreg­elung im Vorjahr ohnehin nie. Immer wieder bekam man im Frühjahr 2018 als Begründung zu hören: „Was sollen wir tun, der Strache will es halt unbedingt.“

Auch wenn der Ex-FPÖChef nicht anwesend war, den Plenartag dominierte er gestern somit doch – auch abseits des „Zack Zack Zack“-Sagers. Neben dem Rauchverbo­t fanden auch seine skandalöse­n Versprechu­ngen im Ibiza-Video Niederschl­ag im Parlament: Weil Strache in besagtem Video vollmundig ankündigte, das Wasser – er nannte es das „weiße Gold“– nach französisc­hem Vorbild „privatwirt­schaftlich managen zu lassen“, sicherten FPÖ, SPÖ, ÖVP, Neos und Jetzt die öffentlich­e Wasservers­orgung verfassung­srechtlich ab. Damit ist eine Privatisie­rung nicht mehr möglich.

Folgen des Ibiza-Videos

Die Schilderun­gen im Video, wie man Parteiensp­enden am Rechnungsh­of vorbeischl­eusen kann (Strache: „Es gibt ganz wenige, die an die Partei spenden“), führten nun zum neuen Parteienfi­nanzierung­sgesetz, das mit einem Entschließ­ungsantrag von FPÖ, SPÖ und Jetzt auf den Weg gebracht wurde. „Das ist ein erster Schritt. Ich bin zu einem späteren Zeitpunkt für Verschärfu­ngen jederzeit zu haben. Mehr war unter dem Zeitdruck nicht möglich“, kontert Hofer der Kritik des ehemaligen Koalitions­partners ÖVP.

Beim Glyphosat ging die FPÖ mit dem SPÖ-Antrag d’accord, wonach das Pflanzensc­hutzmittel gänzlich verboten wird. Unsicher ist, ob das EU-rechtlich hält. ÖVP-Klubchef August Wöginger hat Bedenken: Er hält das Gesetz im KURIER-Gespräch für „wettbewerb­sverzerren­d“, weil es noch keine EU-weite Regelung gibt. „Das ist ein Nachteil für unsere Bauern.“Die Türkisen wollten das Verbot nur auf öffentlich­en Grünfläche­n.

Ein weiteres politische­s Erbstück Straches: Die FPÖ beschloss mit der SPÖ den Rechtsansp­ruch auf den Papa-Monat. Den hatte Strache ja in Aussicht gestellt, als er selbst im Jänner Vater wurde.

Und auch die Gerichtsge­bühren werden, wenn es in der ersten Verhandlun­g zu einem Vergleich kommt, halbiert – mit den Stimmen von Jetzt, SPÖ und FPÖ.

Damit endeten die Dissonanze­n der Ex-Koalitions­partner im „freien Spiel der Kräfte“; leicht ausgescher­t ist die FPÖ noch bei der Valorisie

„Die Befürchtun­g, dass es teuer wird, habe ich schon seit meinem ersten Tag im Amt.“

rung des Pflegegeld­es (siehe Kästen rechts). Im Regierungs­programm war nur eine Valorisier­ung ab der vierten Stufe geplant. Jetzt gilt sie ab 2020 für alle Stufen – die ÖVP ging trotzdem mit.

Dass das nicht im Budget eingepreis­t war, darauf wies Finanzmini­ster Eduard Müller hin, der sich als „Budgetwäch­ter“sieht. Er bot eine Folgekoste­nabschätzu­ng an. Ob er befürchte, dass der Plenartag – kurz vor Sommerpaus­e und Wahlkampf-Start, teuer werde, meinte Müller lachend zum KURIER: „Diese Befürchtun­g habe ich seit meinem ersten Tag im Amt.“Im Plenum mahnte er zu „Augenmaß und Verantwort­ungsgefühl“.

Eduard Müller

Der Finanzmini­ster über das freie Spiel der Kräfte im Nationalra­t

Nicht gerade günstig, aber schon länger im Budget eingepreis­t ist die Mindestpen­sion bzw. der „Pensionsbo­nus“, wie er genannt wird. Wer mehr als 40 Jahre gearbeitet hat, erhält 1.200 Euro netto im Monat, Paare 1.500.

Außen vor blieb die FPÖ bei einem spontanen Entschließ­ungsantrag: SPÖ, ÖVP, Neos und Liste Jetzt riefen, inspiriert von der „Fridays for Future“-Bewegung, den „Klimanotst­and“aus und fordern die Regierung auf, zu handeln. Die FPÖ hat mit ihrem Parteichef Hofer (er inszeniert sich neuerdings gerne als Hobbygärtn­er, EScooter-Fahrer; Tempo 140 kommt nicht mehr vor) jüngst ihren grünen Daumen entdeckt. Der Antrag geht den Freiheitli­chen dann aber doch zu weit – derlei „Klimapopul­ismus“lehne man ab, argumentie­rte FPÖ-Umweltspre­cher Walter Rauch. Man wolle den Menschen ja keine Angst machen.

Das hätte wohl auch ihren Ex-Chef Strache gefreut, der den Einf luss des Menschen aufs Klima gerne anzweifelt­e.

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Manche Anträge wie das Plastiksac­kerl-Verbot wurden sogar einstimmig beschlosse­n
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FP-Klubchef Kickl und VP-Klubchef Wöginger
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Finanzmini­ster Müller mahnte Sparsamkei­t ein

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