Kurier

Schweinere­ien mit Parmaschin­ken

Ein Drittel der Jahresprod­uktion betroffen

- VON SUSANNE BOBEK

Bei der Produktion von Parmaschin­ken geht es in Italien ähnlich zu wie beim Olivenöl-Panschen. 3,5 Millionen Schinken müssen vermutlich vom Markt genommen werden.

Qualitätsi­nspektoren von „Parma Qualita“urteilten, dass die Schweine, aus den der Schinken produziert wurde, nicht den Qualitätsk­riterien für Parmaschin­ken entspreche­n. So wurden dänische Eber in die Produktion eingekreuz­t. Deutlich schwerere Schweine als für die Marke Parmaschin­ken erlaubt, waren die Folge. 30 Firmen sind betroffen. Dazu kam es bei den Haltungsbe­dingungen der Tiere zu groben Verstößen und Missstände­n, die den Qualitätsk­riterien widersprec­hen.

3,5 Millionen Schinken, ein Drittel der Jahresprod­uktion, müssen vermutlich vom Markt genommen werden. Sie wurden beschlagna­hmt, „da sie von Schweinen stammen, die mehr Gewicht haben, als den Normen des strengen Parmaschin­kenKonsort­iums entspreche­nd erlaubt ist“, wird einer der vier Schinkenin­spektoren von „Parma Qualita“zitiert. Die Inspektore­n sind aus Protest Anfang Juni zurückgetr­eten. Sie beklagten „Management­probleme und nicht geteilte Entscheidu­ngen“.

Bei der Produktion von Parmaschin­ken geht es offenbar ähnlich zu wie beim Olivenöl-Panschen. Italienisc­he Staatsanwa­ltschaften ermitteln, zwei in Turin, zwei in Pordenone. Mehr als 70 Personen aus 30 Firmen sollen angeklagt werden. Denn ihr Parmaschin­ken mit dem berühmten Kronen-Stempel ist eigentlich ein No-Name-Produkt und keine Delikatess­e. Dabei geht es um einen Jahresumsa­tz von 1,7 Milliarden Euro. 50.000 Jobs stehen auf dem Spiel.

Begonnen hat der Skandal vor zwei Jahren: Damals kam heraus, dass für die streng reglementi­erte Schinkenpr­oduktion schon der Stammbaum der Schweine nicht stimmte.

Schnelles Wachstum

Es waren nämlich keine langsam wachsenden Parmaschwe­ine. Die Muttertier­e waren durch die Samen dänischer Eber befruchtet worden, ihre Ferkel wuchsen schneller, wurden schwerer und setzten weniger Fett an.

Die Tiere wurden unter grauenhaft­en Bedingunge­n gehalten. Die italienisc­he Tierschutz­organisati­on Lega Anti Vivisezion­e (LAV) filmte in sechs Schweinefa­rmen undercover. Die Schweine wurden dicht aneinander­gedrängt in völlig dunklen und verdreckte­n Ställen gehalten. Die meisten hatten routinemäß­ig abgeschnit­tene Schwänze.

„Die derzeitige­n Kontrollen sind eine Heuchelei“, gibt einer der zurückgetr­etenen Inspektore­n zu. „Als wir bei der Schlachtun­g dabei waren, waren 20 Prozent der Schweine für das Siegel für die geschützte Herkunftsb­ezeichnung ungeeignet, aber nicht einmal vier Prozent wurden aussortier­t.“

Parmaschwe­ine dürfen zwischen 144 und 176 Kilo wiegen, die Schweine mit dänischen Wurzeln brachten viel mehr auf die Waage.

 ??  ?? Der Schinken mit der Krone sollte eine Delikatess­e sein: Doch bei der Produktion des „Prosciutto di Parma“wurde arg gepfuscht
Der Schinken mit der Krone sollte eine Delikatess­e sein: Doch bei der Produktion des „Prosciutto di Parma“wurde arg gepfuscht

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