Kurier

Bierlein sucht den EU-Kommissar

Kommt Experte? ÖVP, SPÖ, FPÖ müssen sich auf Top-Job einigen / Von der Leyen hat Vetorecht

- VON DANIELA KITTNER

Österreich­s nächsten EUKommissa­r zu finden, wird eine Meisterlei­stung. Es ist nämlich realpoliti­sch die Zustimmung von ÖVP, SPÖ und FPÖ nötig. Der Kommissar muss einstimmig im Ministerra­t beschlosse­n werden (und braucht zwei der drei Parteien im Hauptaussc­huss des Nationalra­ts).

Die derzeitige Bundesregi­erung ist zwar offiziell ein parteilose­s Beamtenkab­inett, aber in Wahrheit ist jede der drei Parteien mit zumindest einem Minister vertreten, der auf Parteiwuns­ch ein Veto einlegen würde.

Folgericht­ig führt Kanzlerin die Sondierung­sgespräche über den EU-Kommissar mit den Chefs der drei größeren Parteien:

Brigitte

Sebastian Kurz, Pamela Rendi-Wagner Norbert Hofer.

und Dass sich die drei auf eine Person verständig­en, ist schon schwierig genug. Hinzu kommt aber auch noch die Mitsprache der Kommission­spräsident­in.

„Auf getrieben hat ein Vetorecht gegen den österreich­ischen Kommissars­vorschlag“, sagt EU-Rechtsexpe­rte Walter In Artikel 17 der EU-Verträge steht: „Der Rat nimmt im Einvernehm­en mit der Kommission­spräsident­in die restlichen Mitglieder der Kommission an.“Dieser Passus räume ihr gegenüber den EU-Ländern eine sehr starke Stellung ein, sagt Obwexer.

die

Bierlein

Spitze

Ursula von der Leyen Obwexer.

Von der Leyen wird Mitte Juli vom EU-Parlament als Kommission­spräsident­in designiert (im Herbst stimmt das EU-Parlament noch einmal über die gesamte Kommission als Package ab).

Ab ihrer Designieru­ng im Juli teilt von der Leyen den einzelnen EU-Staaten die Ressorts in der künftigen Kommission zu. Das ist ihr verbriefte­s Recht. Für diese Ressorts muss dann jedes EU-Land einen Personalvo­rschlag machen. „Dabei muss es sich nicht um einen Politiker handeln, es kann auch ein Experte sein“, sagt Obwexer.

Unbedingt erforderli­ch sind laut EU-Verträgen drei Eigenschaf­ten für einen Kommissar: Allgemeine Fähigkeite­n für die Ressortlei­tung, Einsatz für Europa, volle Gewähr der Unabhängig­keit. Obwexer: „Ein Experte aus der Arbeiterka­mmer oder Wirtschaft­skammer würde wohl nicht als unabhängig durchgehen, Diplomaten oder hohe Beamte jedoch schon.“

In Kenntnis früherer Kommission­sbildungen rät Obwexer der Bundesregi­erung, ab Mitte Juli einige konsensfäh­ige Namen an der Hand zu haben. Österreich müsse von der Leyen signalisie­ren, dass es kompetente Leute zur Verfügung hat, mit denen sich wichtige Ressorts besetzen lassen.

Je besser das Personalan­gebot und je flexibler Österreich ist, desto größer sind die Chancen auf ein wichtiges Ressort. Und das wiederum könnte Bierlein bei der Suche helfen: Sie kann ein Portfolio an drei, vier Personen zusammenst­ellen, die wichtige Kompetenzf­elder wie Finanzen, Sicherheit, Wirtschaft etc. abdecken. Dann läge es an von der Leyen, durch die Ressortver­gabe zu entscheide­n, wer es wird.

Tatsächlic­h beschließe­n müssen die Bundesregi­erung und der Hauptaussc­huss den Kommissar erst etwa Ende August, damit die betreffend­e Person noch genügend Vorbereitu­ngszeit für das anspruchsv­olle Hearing im EUParlamen­t hat.

Aber konsensfäh­ige Personen zu finden – die eigentlich schwierige Aufgabe – gilt es ab sofort zu erledigen. Bierlein hat, wie ihr Büro bestätigt, bereits begonnen.

Von Sebastian Kurz bekommt Bierlein bei den Sondierung­en zu hören, dass die ÖVP auf den EU-Kommissars­posten besteht. Sein Hauptargum­ent: Die ÖVP habe die EU-Wahl haushoch gewonnen, ihr stehe der Posten zu. Kurz hat drei Namen bei der Hand: Seine beiden Spitzenkan­didaten

und den

Edtstadler

sowie

Karoline Othmar Karas

amtierende­n Kommissar hat allerdings jetzt wieder den Posten des Vizepräsid­enten des EU-Parlaments übernommen.

Von den Genannten scheint am ehesten Hahn konsensfäh­ig, aber in SPÖ und FPÖ gibt es massive Widerständ­e gegen einen ÖVPPolitik­er als Kommissar. Sie argumentie­ren, dass die ÖVP den Kommissars­posten als „Erbpacht“betrachte. SPÖ-Chefin

spricht sich daher für eine Expertenbe­setzung aus. Zwei Namen werden seitens der SPÖ ins Spiel gebracht: Der Ökonom

der sechs Jahre lang beamteter Leiter der Eurogruppe war. Der Spitzendip­lomat der die EU in China vertritt.

Sollte sich die Kategorie „Experte“durchsetze­n, hätte die ÖVP auch einige Namen aufzubiete­n: etwa den Kurzzeit-Innenminis­ter Eckart Ratz für den Kompetenzc­luster Sicherheit und Justiz.

Dass die FPÖ den EUKommissa­r stellt, ist unwahrsche­inlich, sie strebt das auch gar nicht an. Die Blauen gefallen sich in der Rolle des Züngleins an der Waage: Sie zeigen Daumen rauf oder Daumen runter.

di-Wagner Wieser, Gio Dietmar Hahn. Karas Pamela RenThomas Schweisgut,

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Meisterlei­stung erforderli­ch: Kanzlerin Bierlein
 ??  ?? Eckart Ratz: Experte für Justiz und Sicherheit
Eckart Ratz: Experte für Justiz und Sicherheit
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Hat von den Politikern die besten Karten: Hahn
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Thomas Wieser: Mister Euro für Finanzen
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