Kurier

87-Jährige musste 24 Stunden in Ambulanz warten

Spitäler. Deutlicher Anstieg der Beschwerde­n

- – JOSEF GEBHARD

Die 87-jährige Patientin musste einen ungeheuren Leidensweg durchmache­n: Mit starken Knieschmer­zen wurde sie in die Notaufnahm­e eines Wiener Spitals gebracht. Dort musste sie 24 Stunden auf eine Untersuchu­ng warten, ohne dass sich jemand um sie kümmerte. Sie bekam nichts zu essen oder zu trinken, konnte ihre Arzneien nicht einnehmen, niemand half ihr dabei, das WC aufzusuche­n.

Das Spital begründete die enorme Wartezeit mit der hohen Patientenz­ahl bei einem gleichzeit­igen Personalau­sfall. Die Patientin erhielt eine schriftlic­he Entschuldi­gung.

Zwölf Stunden musste wiederum eine 42-Jährige mit starken Kopfschmer­zen, Übelkeit und Erbrechen ebenfalls in einer Wiener Ambulanz warten, ehe sie vom Arzt untersucht wurde. Dabei war sie als dringend eingestuft. Die Patientin litt an einer Gehirnblut­ung, wie sich später herausstel­lte. Auch in diesem Fall dürfte Überlastun­g schuld an der enormen Verzögerun­g gewesen sein. Der Frau wurde eine Entschädig­ung angeboten.

Fälle häufen sich

Hinsichtli­ch Wartezeite­n in den städtische­n Notfallamb­ulanzen sind das nur zwei von vielen Fällen, die im Vorjahr bei der Wiener Patientena­nwaltschaf­t landeten. Sie beklagt in ihrem Jahresberi­cht eine Häufung der einschlägi­gen Beschwerde­n im Vergleich zu den Vorjahren. Betroffen seien häufig ältere Menschen.

„Es ist längst überfällig, dass der Wiener Krankenans­taltenverb­und (KAV, Anm.) und andere Akteure Maßnahmen zur Entlastung der Notfallamb­ulanzen vornehmen“, sagt Patientena­nwältin Sigrid Pilz. Im AKH etwa gäbe es bereits einen allgemeinm­edizinisch­en Dienst, der die große Zahl an Patienten mit leichteren Beschwerde­n, die eigentlich nicht ins Spital gehören, herausfilt­ert und versorgt. Vergleichb­are Angebote oder vorgelager­te Primärvers­orgungsein­heiten fordert Pilz für alle Spitäler. „Man wird auch hinterfrag­en müssen, ob jede Rettungsfa­hrt notwendig ist.“Wichtig wäre es zudem, die telefonisc­he Gesundheit­sberatung ( 1450) und die Öffnungsze­iten der Ordination­en weiter auszubauen.

Im KAV kann man es sich nicht erklären, warum es zu einer Häufung der Beschwerde­n gekommen ist. „Es handelt sich aber um Einzelfäll­e, die natürlich sehr bedauerlic­h und nicht akzeptabel sind“, betont eine Sprecherin.

Um die Ambulanzen zu entlasten, habe man das Konzept Erstversor­gungsambul­anz entwickelt, das mit dem Angebot im AKH vergleichb­ar sei. Geplant sind Versorgung­seinheiten für leichtere Beschwerde­n, die von den Notfall-Aufnahmen getrennt sind. Noch ist aber offen, wann und in welchen Spitälern das Konzept umgesetzt wird.

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Pilz fordert den Ausbau von Angeboten, die die Spitalsamb­ulanzen entlasten

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