Kurier

Der dritte Kennedy-Bruder löst eine Tragödie aus

Vor 50 Jahren. Mysteriöse­r Tod einer Sekretärin

- VON GEORG MARKUS

Die Tragödie ereignete sich ein Jahr nach der Ermordung seines Bruders Robert und sechs Jahre nach der Ermordung seines Bruders John F. Kennedy. Senator Edward Kennedy hatte am Abend des 18. Juli 1969 eine Party auf der Insel Chappaquid­dick in Massachuse­tts besucht und sie kurz nach 23 Uhr verlassen. In seiner Begleitung befand sich die 28jährige Sekretärin und Wahlhelfer­in Mary Jo Kopechne. Nach kurzer Fahrt in seinem Oldsmobile kam Kennedy von der Fahrbahn einer kleinen Brücke ab und stürzte in einen Kanal. Der Wagen ging unter, doch während sich der Senator retten konnte, ertrank seine Begleiteri­n.

Unter Schock

Edward Kennedy verbrachte die folgende Nacht in einem nahen Hotelzimme­r und meldete den Unfall erst nach zehn Stunden. Vor Gericht erklärte er, er sei übermüdet gewesen und unter Schock gestanden.

Das Auto wurde von Tauchern aus dem Kanal geholt. Einer von ihnen sagte, dass Mary Jo Kopechne nicht sofort ertrunken wäre, sondern in einer Luftblase überlebt hätte und erst nach mehreren Stunden erstickt sei: „Wäre gleich Hilfe geholt worden, hätte man ihr Leben möglicherw­eise retten können!“

Edward Kennedy gab an, dass er noch in der Nacht versucht hatte, die junge Frau aus dem Auto zu retten, was ihm aber nicht gelungen sei. Weiters sagte der verheirate­te 37jährige Senator, dass er nicht alkoholisi­ert war, und es „kein unmoralisc­hes Verhalten“zwischen ihm und seiner Beifahreri­n gegeben hätte.

Der Politiker wurde wegen unerlaubte­n Entfernens vom Unfallort zu zwei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, der Staatsanwa­lt verzichtet­e auf eine Anklage wegen Totschlags. Weiters erzielte Kennedy mit Kopechnes Familie durch Zahlung von 140.000 Dollar, die zum Teil durch eine Versicheru­ng abgedeckt waren, eine außergeric­htliche Einigung.

Chancenlos

Edward Kennedy war seit dem Tod seiner beiden älteren Brüder immer wieder als möglicher Präsidents­chaftskand­idat im Gespräch, doch nach dem Chappaquid­dick-Unfall waren seine Chancen auf null gesunken. In den Wahljahren 1972 und 1976 lehnte er „auf Anraten meiner Familie“eine Kandidatur ab, 1980 versuchte er es dann doch, unterlag aber bei den Vorwahlen der Demokratis­chen Partei dem amtierende­n US-Präsidente­n Jimmy Carter. Kommentato­ren meinten, dass das Nichtantre­ten bei den Präsidents­chaftswahl­en sein Leben gerettet haben könnte, da er als Präsident wie seine Brüder akut gefährdet gewesen wäre. Es gab auch immer wieder Morddrohun­gen gegen Edward Kennedy.

Sühne ohne Ende

In seinen posthum erschienen­en Memoiren True Compass schreibt Kennedy, dass ihn das Unglück von Chappaquid­dick sein Leben lang verfolgt hätte. „Die Sühne ist ein Prozess, der kein Ende findet. Und das ist auch richtig so.“

Edward Kennedy erlag am 25. August 2009 im Alter von 77 Jahren einem Krebsleide­n.

georg.markus@kurier.at

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Das Unglücksau­to nach seiner Bergung auf der Insel Chappaquid­dick
 ??  ?? Verständig­te die Polizei erst nach zehn Stunden: Edward Kennedy
Verständig­te die Polizei erst nach zehn Stunden: Edward Kennedy
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Kam bei dem Unfall ums Leben: Sekretärin Mary Jo Kopechne, 28

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