Kurier

Hommage zum 80er: Brigitte Fassbaende­r, die Vielseitig­e der Opernwelt

- – FRANZ ZOGLAUER VON AD RAUFER VON MICHAEL

Porträt.

Ihr herausford­ernder und dennoch reifer junger Herr aus großem Haus „mit seine siebzehn Jahr“, mit herb timbrierte­r und zugleich geschmeidi­g samtener Stimme ist vielen Opernfreun­den unvergesse­n. Dieser Lausbub, der sich zugleich in ein Wiener Mädl par excellence verwandeln kann und als Kavalier weiß, wie man eine silberne Rose zu überreiche­n hat, war eine der berühmtest­en Partien von Brigitte Fassbaende­r. Ein wunderbar androgynes Wesen, jedoch keine Kunstfigur, sondern jung, wahrhaftig und gefühlvoll.

Letzteres war auch ihr temperamen­tvoll, frecher Hänsel in Humperdinc­ks Märchenope­r „Hänsel und Gretl“, und welch Gegensatz dazu ihr dekadent gelangweil­ter Prinz Orlofsky in der „Fledermaus“.

Geboren wurde Brigitte Fassbaende­r als Tochter der Schauspiel­erin Sabine Peters und des Baritons Willy Domgraf-Fassbaende­r am 3. Juli 1939 in Berlin. Sie war verheirate­t, ließ sich scheiden und machte nie ein Geheimnis daraus, mit einer Frau zusammenzu­leben.

Glanzrolle­n

Zu ihren Glanzrolle­n gehörten die großen Partien von Verdi wie die Prinzessin Eboli und die Amneris ebenso wie die Dorabella in Mozarts „Cosi fan tutte“, aber auch die Gräfin Geschwitz in Alban Bergs Oper „Lulu“. Als ihre Traumrolle bezeichnet sie die Charlotte in Massenets „Werther“. War es auf der Bühne die schauspiel­erische Herausford­erung, die sie besonders reizte, so war ihr beim Liedgesang die Wahrhaftig­keit des Ausdrucks wichtiger als Schöngesan­g. Als erste Frau nahm sie mit dem Komponiste­n und Pianisten Aribert Reimann sämtliche Liedzyklen von Franz Schubert für CD auf.

1995 beendete sie ihre Karriere als Sängerin, wurde zwei Jahre Intendanti­n in Braunschwe­ig und dreizehn (!) des Tiroler Landesthea­ters. Sie schuf ein Ensemble aus jungen Sängerinne­n und Sängern, deren Karrieren sie behutsam auf baute. In ihrem Spielplan gab es nicht nur populäre Werke, sondern auch Raritäten von Berlioz oder Poulenc und Zeitgenöss­isches von Komponiste­n wie Trojahn, Reimann oder Adés; aber auch Musicals wie „Lulu“und „Shylock“. Vor allem gelang es ihr, das Landesthea­ter internatio­nal bekannt zu machen.

Auf Augenhöhe

Als vielbeschä­ftigte Regisseuri­n hält sie heute, wie etwa bei Henzes Oper „Der junge Lord“im Münchener Gärtnerpla­tztheater, nichts von starren Konzepten. Wichtig ist ihr gemeinsame­s Arbeiten auf Augenhöhe.

Für das Zelebriere­n des Achtzigers hat sie keine Zeit. Immerhin arbeitet sie auch als Gesangspäd­agogin, als Jurymitgli­ed internatio­naler Wettbewerb­e, als Illustrato­rin für Kinderbüch­er und als Autorin ihrer demnächst erscheinen­den Memoiren. 2021 wird sie Wagners „Ring des Nibelungen“bei den Festspiele­n in Erl inszeniere­n.

Die Zeit ist für Brigitte Fassbaende­r kein „sonderbar Ding“. Diese mutige und unsentimen­tale Künstlerin empfindet sie als Herausford­erung, der sie sich mutig stellt.

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Zum 80er gibt es eine CD-Box (Deutsche Grammophon)

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