Wohnen in Lehárs Schlössl bester Erinnerung, „er hat uns wie seine eigenen Kinder behandelt“.
Vor der Premiere in Mörbisch. Zu Besuch im historischenAnwesen desKomponisten
Hier hat Franz Lehár gewohnt und vor ihm Mozarts Freund Schikaneder. Heute gehört das verwunschene Schlössl am Stadtrand vonWien der ehemaligen Haushälterin der Familie Lehár. Wie es dazu kam, soll hier, vier Tage vor der Mörbisch-Premiere von Lehárs „Land des Lächelns“, erzähltwerden.
Wie alles begann
„Mein Mann hat im Februar 1951inderdamaligenTageszeitung Neues Österreich ein Inserat gelesen, in dem ein ,Ehepaar mit Führerschein’ gesucht wurde, das sich um Haushalt und Garten eines altenGeneralskümmernsollte“, erzählt die heute 95-jährige Hermine Kreuzer. Sie und ihr Mann meldeten sich aufgrund der Annonce bei General Anton Lehár, dem Bruder des Komponisten, und beide wurden aufgenommen.
Mehr als zehn Jahre lang kümmerte sich das Ehepaar Kreuzerumden General und seine Frau, und als der alte Herr 1962 starb, wurden Erich und Hermine Kreuzer zur Testamentseröffnung geladen. „Wir fielen aus allen Wolken, als uns der Notar mitteilte, dass uns der General aus Dankbarkeit für die treuen Dienste das Schlössl vermacht hat.“
ProminenteVorbesitzer
Es ist ein kleines Schloss mit großer Geschichte, das der GärtnerunddieHaushälterin geerbthatten. Errichtetinseinen Ursprüngen im 16. Jahrhundert, gehörte es acht Jahre lang Emanuel Schikaneder, dem Librettisten der „Zauberflöte“, 16 Jahre dem Komponisten Franz Lehár und 14 Jahre dessen Bruder, General Anton Lehár. Dazwischen lebte hier noch ein gutes Dutzend, meist adeliger Herrschaften, aber niemandemgehörtedasSchlösslauch nur annähernd so lange wie Frau Kreuzer: Sie ist auf dem Anwesen seit 68 Jahren zu Hause, undseit57Jahren befindet es sich in ihrem Besitz.
Hermine Kreuzer, deren Mann vor acht Jahren starb, führtmich durch die ehrwürdigenRäumeinderNußdorfer Hackhofergasse 18 und zeigt mir ihre Schätze. Da hängen Bilder, Handschriften und Theaterprogramme der beiden prominentesten Vorbesitzer Schikaneder und Lehár, da befinden sich Originalsessel und -kostüme der „Zauberflöten“-Uraufführung, ein Tragsessel, auf dem Schikaneder ins Theatergetragenwurde, dastehen Lehárs Klavier und sein Schreibtisch, auf denen er „Die LustigeWitwe“, komponierte. In einer Vitrine liegt Lehárs Taschenuhr und ein Taktstock(denernieverwendethat, weilerzuschwerzum Dirigieren war). Und Frau Kreuzer zeigt mir die schlosseigene Hauskapelle, in der der weltberühmte Tenor Richard Tauber 1936 geheiratet hat – mit Franz Lehár als Trauzeugen.
Schloss mit Park
Als das Ehepaar Erich und Hermine Kreuzer das verwunschene SchlösslamRande der NußdorferWeinberge übernommen hatte, war die Sorgemindestenssogroßwie dieFreude: Wiesolltensiedas wertvolle Erbe erhalten? Das Gebäude ist 800 Quadratmeter groß, der Garten 2500 Quadratmeter.
„Es war nicht leicht, aber wir haben es geschafft“, sagt Frau Kreuzer. „Mein Mann und ich blieben in der kleinen Dienstbotenwohnung und haben den Großteil des Hauses vermietet“. Außerdem führt Hermine Kreuzer auch heute noch mit ihren 95 Jahren – gegenVoranmeldung – persönlich durch die Prunk- und Arbeitsräume Schikaneders und Lehárs und veranstaltet im Sommer Hauskonzerte. „Die Führungen und Konzerte machen mir große Freude und geben mir viel Kraft“, sagt sie. „Die LeutekommenausallerWelt, um das Schlössl zu besichtigen“. JedesJahrwerdenrund 1000 Besucher gezählt.
Versperrte Türen
Emanuel Schikaneder hatte das Schlössl von den Einnahmen der „Zauberflöte“gekauft und hier von 1803 bis knapp vor seinem Tod 1812 gewohnt. FranzLehárerwarb das Anwesen 1932 – vermutlich mit den Tantiemen der Erfolgsoperette „Land des Lächelns“, die ab Donnerstag bei den Seefestspielen Mörbisch gezeigt wird.
Natürlichweiß Frau Kreuzer bei ihrer Führung durch das Schlössl auch mit so manchem G’schichterl aufzuwarten: FranzLehárliebteseine Frau Sophie zwar, doch für seine Arbeit brauchte er absolute Ruhe. Das ging soweit, dass er sich im Dachgeschoß eine Mansarde bauen ließ, in der er bei versperrten Türen komponierte. In diesen Räumenentstand1933seineOperette „Giuditta“.
Wie die eigenen Kinder
Das Ehepaar Lehár verließ das Schlössl im Kriegsjahr 1944, um in seine Villa in Bad Ischl zu ziehen, in der der Meister der Silbernen Operette 1948, ein Jahr nach seiner Frau, starb.
Franz Lehárs Haupterbin war seine Schwester Emmy – die durch die enormen Tantiemenzahlungen aus aller Welt zu einem gigantischen Vermögen gelangte – doch das Schlössl bekam sein Bruder Anton von Lehár, der 1921ander Seite vonEx-Kaiser Karl erfolglos für dieWiederherstellung der Monarchie gekämpft hatte. Da sowohl Franz als auch Anton Lehár kinderlos blieben, fiel das Schikaneder-LehárSchlössl dem Ehepaar Kreuzer zu. Hermine hat den „Herrn Baron“, wie sie Anton Lehár heute noch nennt, in
Die nächste Generation
Auch Hermine Kreuzer hat keine Kinder, doch wie es mit dem Schlössl in WienNußdorf weitergeht, ist längst geregelt. Erben sind „jüngere Leute, die sich verpflichtet haben, dass das Haus weiterhin öffentlich zugänglich bleibt.“
georg.,markus@kurier.at