Kurier

Trumps gezielte Provokatio­nen

Rassismus. Der US-Präsident scheint die Empörung bewusst zu säen

- – ARMIN ARBEITER

„Ich will, dass sie jeden Tag über Rassismus sprechen. Wenn die Linke auf Rasse und Identität fokussiert ist, und wir mit wirtschaft­lichem Nationalis­mus kommen, können wir die Demokraten zerstören“, jubilierte Stephen Bannon im August 2017. Wenige Tage zuvor war eine linke Demonstran­tin in Charlottes­ville von einem Rechtsextr­emen mit einem Auto überfahren und getötet worden. In den USA brach eine Rassismus-Debatte los, US-Präsident Donald Trump geriet unter massive Kritik, da er den Anschlag nicht stark genug verurteilt, von „Gewalt auf beiden Seiten“gesprochen hatte.

Bannons Plan

Bannon, sein damaliger Chefstrate­ge, lachte sich ins Fäustchen. Aus seiner Sicht war sein Plan aufgegange­n, die US-Demokraten immer mehr ins gesellscha­ftlich linke Eck zu drängen, während die US-Wirtschaft gedeiht. Einige Wochen später musste er seinen Posten räumen, doch es scheint, als würden seine Pläne nach wie vor im Oval Office liegen: Während Trump seine Maßnahmen gegen illegal eingewande­rte Migranten verstärkt, in Großstädte­n nach Familien fahnden lässt, schießt er Twitter-Attacken gegen Abgeordnet­e der Demokraten ab: „Wenn es euch hier nicht gefällt, könnt ihr ja gehen!“, schrieb er, bezeichnet­e sie als „Anti-Israel“und „Pro-ElKaida“, unterstell­te ihnen, „unser Land“zu hassen. Trump trieb dieses Spiel so weit, dass das demokratis­ch dominierte Repräsenta­ntenhaus am Dienstag seine Attacken in einer Resolution verurteilt­e, auch mit Stimmen einiger Republikan­er. Seine „rassistisc­hen Bemerkunge­n“hätten Hass auf Menschen mit ausländisc­hen Wurzeln und anderer Hautfarbe legitimier­t.

„Trump kein Rassist“

„Wenn man Sie im Fernsehen einen Rassisten nennt und mit Identitäts­politik kommt, lässt man die einfach argumentie­ren, denn die Fakten können die nicht wegargumen­tieren und sie verlieren“, sagte Bannon in einem Interview mit der Zeit. Trumps Handeln sei nicht rassistisc­h, es sei das Gegenteil. Durch seine restriktiv­en Maßnahmen gegen Zuwanderer habe er den Druck von der schwarzen und hispanisch­en Arbeiterkl­asse durch ausländisc­he Konkurrent­en genommen.

Bei den Zwischenwa­hlen im Herbst vergangene­n Jahres wählten neun Prozent der Afroamerik­aner republikan­isch, laut einer Umfrage vom Jänner wollen zehn Prozent Trump 2020 ihre Stimme geben. Das wäre ein Plus von zwei Prozentpun­kten im Vergleich zu den Präsidents­chaftswahl­en 2016. Es dürfte kein Zufall sein, dass sich zwischen Trumps Beschimpfu­ngs-Tweets immer wieder Lobeshymne­n auf die USWirtscha­ft finden – ganz nach Bannons Plan.

Langes Wachstum

Und tatsächlic­h wird die Wirtschaft Ende Juli ganze 121 Monate lang gewachsen sein. So etwas gab es noch nie. Auch wenn das Wachstum auf tönernen Füßen gebaut ist – die USA nehmen viermal so viele Staatsschu­lden auf wie der EU-Schnitt –, spielen die Zahlen Trump in die Hände.

Mit seinem Handelskri­eg gegen China bringt er den wirtschaft­lichen Nationalis­mus ins Spiel, appelliert an den Patriotism­us der Amerikaner und erhält dafür sogar von den Demokraten Unterstütz­ung. Rassistisc­he Tabubrüche, das Spiel mit Empörung und damit die Freiheit, andere Themen zu diktieren, während sich die Gegner an den Tabubrüche­n abarbeiten – Trump scheint genau diesen Kreislauf zu verfolgen. Ob er wieder funktionie­rt, wird sich 2020 zeigen.

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