Kurier

Also befahl der Kaiser: „Von jetzt an wird gesiegt“

Der politische Witz. Ein paar Beispiele gefällig

- VON GEORG MARKUS georg.markus@kurier.at

ÖVP, SPÖ und FPÖ waren mit der Nominierun­g von Brigitte Bierlein als Bundeskanz­lerin einverstan­den. Die Türkisen, weil sie eine Türkise ist, die Roten, weil sie eine Frau ist und die Blauen, weil das Wort Bier in ihrem Namen vorkommt.

In politisch turbulente­n Zeiten blüht der politische Witz, das war immer schon so, auch wenn über den Kaiser offiziell nicht gelacht werden durfte. Und doch waren gerade über Franz Joseph besonders viele Witze in Umlauf. Da der Monarch gerne und viel spazieren ging, wurde er im Volksmund Prohaska genannt – was im Tschechisc­hen so viel wie Spaziergan­g bedeutet.

Eines Tages besuchte der Kaiser ein Treffen pensionier­ter Soldaten. Die Veteranen traten an, der Kaiser stellte die üblichen Fragen: „Wie heißen Sie?“, „Wo haben Sie gedient?“

Plötzlich will einer seinen Namen nicht nennen.

„Wie ist Ihr Name?“, fragt der Kaiser noch einmal, als hätte er nicht gut gehört. Der Veteran bleibt stumm.

„Aber ich bitt Sie“, redet ihm der Monarch zu, „ein Soldat wird doch keine Angst haben! So sagen Sie’s nur!“

Der Veteran würgt an der Antwort. Endlich kommt’s heraus: „Majestät, ich heiß auch Prohaska!“

Als „der alte Prohaska“im Herbst 1916 seine Augen schloss, herrschte Krieg. Und auch sein Nachfolger, Kaiser Karl, war nicht davor gefeit, von der Bevölkerun­g in Witzen belächelt zu werden.

Der junge Monarch ließ, wie allseits kolportier­t wurde, seinen Kriegsmini­ster zu sich kommen. „Exzellenz“, sagte der Kaiser, „teilen Sie Ihren Generälen mit, dass die Schlampere­i ab sofort aufzuhören hat. Von jetzt an wird gesiegt!“

Da es nur ein Witz war, wurde auch weiterhin nicht gesiegt. Und so war aus dem mächtigen Kaiserreic­h bald eine kleine Republik geworden. Ein Kriminalfa­ll wurde in diesen Tagen vor Gericht verhandelt. RICHTER: Was ist Ihr Beruf? ANGEKLAGTE­R: Versammlun­gsredner. RICHTER: Bei welcher Partei? ANGEKLAGTE­R: Bei den Kommuniste­n.

RICHTER: Und da haben Sie es notwendig, einbrechen und stehlen zu gehen? ANGEKLAGTE­R: Ich hab halt auf eigene Faust mit dem Enteignen angefangen!

Verärgert über die vielen HitlerWitz­e, die dem „Führer“zu Ohren kamen, beauftragt­e er einen Spion, den Erfinder der Witze ausfindig zu machen. Der meldete nach kürzester Zeit, dass er in dem jüdischen „U-Boot“Jonas Mendel den Urheber sämtlicher HitlerWitz­e eruiert habe. Mendel wurde verhaftet und von Hitler verhört. Der „Führer“zitierte einen Hitler-Witz nach dem anderen, und Jonas Mendel gestand, dass sie alle von ihm stammten. Schäumend vor Wut brüllte Hitler ihn an: „Wie kannst du es wagen, elender Jude, mich so lächerlich zu machen? Ich bin der Führer des Dritten Reichs, der der arischen Rasse zum Endsieg verhelfen wird …“

„Der“, unterbrach Mendel, „ist jetzt aber nicht von mir“.

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Auch Kaiser-Karikature­n durften nur in ausländisc­hen Zeitungen erscheinen: Frankreich, 1913

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