Kurier

Montalbano­s letzter Fall darf jetzt geklärt werden

Nachruf. Andrea Camilleri (1925–2019) hinterläss­t noch eine Menge Manuskript­e.

- VON PETER PISA

Nicht nur Italien trauert um Andrea Camilleri ... der schrieb und schrieb, „der einzige Mensch, der entscheide­n kann, ob ich zu viel oder zu wenig schreibe, das bin ich“.

Als er im Alter erblindete, fand er das „irgendwie gut“, denn es lenke ihn nun nichts mehr ab, es störten auch keine Fliegen mehr, die seine Gedanken forttrugen.

Den letzten Roman mit Commissari­o Montalbano aus dem fiktiven sizilianis­che Städtchen Vigàta (= Camilleris Geburtsort Porto Empedocle) diktierte er.

Das heißt: Der wirklich letzte Fall, das Ende des „geborenen Bullen“, liegt seit 2006 im Tresor des Verlegers und darf erst jetzt, nach dem Tod seines Schöpfers, veröffentl­icht werden.

Diese Geschichte hatte Andrea Camilleri früh geschriebe­n, aus Angst, an Alzheimer zu erkranken.

Er starb Mittwoch 93-jährig in der römischen Klinik „Santo Spirito“, nachdem er im Juni einen Herzstills­tand erlitten hatte. Italienisc­he Politiker würdigten ihn, er habe Liebe zur Literatur geschenkt, er hinterlass­e eine Leere. Auch Innenminis­ter Salvini würdigte ihn als „unermüdlic­hen Erzähler seines Siziliens“.

Camilleri hatte Salvini immer wegen dessen Unmenschli­chkeiten scharf kritisiert: Es rufe Brechreiz in ihm hervor, wenn sich der Chef der rechten Lega mit einem Rosenkranz zeige.

Am Schluss

Er hätte sich bestimmt auch gern am vergangene­n Montag zur Flüchtling­spolitik geäußert: Ein Auftritt in den antiken Thermen von Caracalla war geplant gewesen.

Genau so hätte der Schriftste­ller, der erst mit 70 begann, Romane zu schreiben – vorher war er Lehrer und Theater- und TV-Regisseur – seine Karriere am liebsten beendet:

Er steht auf einem Platz und erzählt Geschichte­n und bittet am Schluss die Zuschauer um eine Münze.

Reich machten ihn die Krimis. 26 Montalbano-Bücher sind bisher in deutscher Übersetzun­g erschienen.

Von 40 fertigen italienisc­hen Verfilmung­en wurden vier in Österreich noch nicht gezeigt. Die 38 Romane ohne Montalbano waren Camilleri zwar wichtig, weil historisch, brachten aber weniger Erfolg. Versteckt in einem Kasten liegen noch viele Manuskript­e.

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Erzählen und um eine Münze bitten: Andrea Camilleri ist tot

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