Gesamtkunstwerk der Superlative
Kritik. „Masurca Fogo“von Pina Bausch und dem Tanztheater Wuppertal bei ImPulsTanz im Burgtheater
Zwei Premieren sind mit dem Gastspiel des Tanztheaters Wuppertal Pina Bausch im Burgtheater verbunden: Zum ersten Mal gastiert dieses großartige Ensemble bei ImPulsTanz, und „Masurca Fogo“wurde zuvor noch nie in Österreich aufgeführt. Das 1998 in Koproduktion mit der EXPO in Lissabon entwickelte und im Schauspielhaus Wuppertal uraufgeführte Stück ist ein grandioses Meisterwerk der vor zehn Jahren verstorbenen, unvergleichlichen Pina Bausch.
Frische
20 Jahre nach der Uraufführung besticht die umjubelte Aufführung mit einer spielerisch anmutenden Frische. Die ist gepaart mit einer Vielfalt von Szenen, die Bausch als genaue Beobachterin gemeinsam mit ihren Tänzerinnen und Tänzern zu einer Musikcollage theatralisch umzusetzen vermochte wie keine andere und kein anderer.
Was „Masurca Fogo“(Einstudierung: Azusa Seyama und Robert Sturm) eindrucksvoll beweist, ist die stilistische Offenheit und der selbstverständliche Umgang Bauschs mit Bewegung. Das Spektrum reicht von Ballett über Akrobatik bis zu Gesellschaftstänzen und Streetdance, vor allem aber bis zu wunderbaren Soli, die sie den Tänzerinnen und Tänzern auf den Leib schrieb.
Atmosphäre
Bausch gestaltete aus Erlebnissen in Lissabon heraus dazu wunderbare Rollen. In Kostümen von Marion Cito und im Bühnenbild von Peter Pabst vermittelt sich gleichzeitig die Atmosphäre einer Stadt, deren Luft immer wieder bewusst ein- und ausgeatmet wird. Das Meer ist nahe, zunächst als Hintergrund für Erfrischung und Schwimm-Ausflüge, gegen Ende dann zunehmend als bedrohliches Naturelement.
Zu den einprägsamen und mit großen Emotionen gezeichneten Figuren zählen unter anderem eine Fischverkäuferin, einige Machos und eine kapriziöse Schönheit in einem verletzlichen Kostüm aus roten Luftballons. Das Frau-Mann-Verhältnis ist ein roter Faden, der sich durch Bauschs Werke zieht. Da gibt es in diesem Stück viele komische Situationen, wie einen Kussversuch eines kleinen Mannes bei einer großen Frau, oder eine Kaffeehaus-Studie, in der die Frau einen Cortado bestellt, den sie mit Zucker vernichtet.
Großartig auch, wie Bausch mit Stühlen und Tischen als Requisiten zu agieren vermochte. Doch binnen Sekunden können spielerische Szenen kippen. Meist wirken Begegnungen, in denen eine Frau auf mehrere Männer trifft, bedrohlich. Viele vom Alltag inspirierte Geschichten fügen sich in „Masurca Fogo“zu einem Gesamtkunstwerk. KURIER-Wertung: