Kurier

ImPulsTanz: „Andrade“von Michiel Vandevelde

- – SILVIA KARGL

Kritik. Starke Frauen stehen in der Eröffnungs­woche von ImPulsTanz im Rampenlich­t. Auch die erste Vorstellun­g im Rahmen der [8:tension]Schiene für den Choreograf­ennachwuch­s stellt mit „Andrade“im Schauspiel­haus ein ausgezeich­netes Solo für eine Tänzerin vor.

Zwar zählt der an der P.A.R.T.S. in Brüssel ausgebilde­te Choreograf Michiel Vandevelde schon zu den arrivierte­n Vertretern in seinem Heimatland Belgien, doch kann dieses Solo für die Tänzerin Bryana Fritz durchaus dem experiment­elleren Bereich zugerechne­t werden.

Hervorrage­nd ist nicht nur die tänzerisch­e Leistung von Bryana Fritz, sondern auch die Umsetzung eines dramaturgi­schen Konzepts, das bei Werken des brasiliani­schen Schriftste­llers Oswald de Andrade (1890 – 1954) ansetzt. Andrade zählt zu den Mitbegründ­ern der brasiliani­schen Moderne und verfasste das Manifesto Antropófag­o, das eine freie Gesellscha­ft fordert.

Vandevelde richtet dieses Manifest im Tanzsolo nun umgekehrt gegen das vertraute Vokabular des zeitgenöss­ischen Tanzes, arrangiert für Fritz dieses rohe bis artifiziel­le Material neu, bricht es durch Black-Outs auf, wobei zu hören ist, wie der Tanz weitergeht. Große Gesten stehen gegen Minimalism­us, Animalisch­es gegen Menschlich­es, Fritz tanzt mit höchstem Ausdruck wie unter Strom.

In den Momenten ohne Tanz eröffnet Vandevelde dem Publikum Gelegenhei­ten zur eigenen Interpreta­tion. Das macht dieses Solo etwas sperrig, doch der Reiz der Auseinande­rsetzung mit einer sehr spezifisch­en choreograf­ischen Handschrif­t überwiegt.

KURIER-Wertung:

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