Frau gegen fahrerlosen Bus: Testlauf nach Unfall gestoppt
Erster Crash in Österreich. Schwerer Rückschlag beim autonomen Fahren für dieWiener Linien
Im ersten Moment wurden unweigerlich Erinnerungen an den tödlichen Unfall mit einem selbstfahrendenUberAuto in Arizona im Vorjahr wach. Damals kameine Frau ums Leben.
Zum Glück weit weniger dramatisch verlief der Zwischenfall gestern in der Seestadt in Wien-Aspern (Donaustadt). Gegen 9.30 Uhr war eine 30-Jährige in der Ilse-Arlt-Straße unterwegs, als ein selbstfahrender Bus der Wiener Linien gerade auf Höhe der Hausnummer 22 fuhr. Die Frau hatte Kopfhörer in den Ohren und schaute auf ihr Handy. Als sie die Straße betrat, wurde sie seitlich von dem Fahrzeug erfasst. Die Frau erlitt leichte Abschürfungen.
Technischer Fehler
Eigentlich hätte der selbstfahrende Bus das menschliche Hindernis früh genug erkennen und reagieren – also entweder ausweichen oder bremsen – müssen. Das ist aber nicht passiert: „Der Bus hat erst angehalten, als die Frau ihn schon berührt hatte“, sagtWiener-Linien-Sprecherin Barbara Pertl.
Seit Juni sind die autonomen Öffis in der Seestadt im Rahmen eines Forschungsprojekts im Einsatz. Auch in Pörtschach undWiener Neustadt fährt ein autonomer Bus, in Salzburgwird derzeit getestet. Fahrer gibt es keinen. Die Gefährtewerden lediglich von einer Art Schaffner begleitet.
Als Reaktion auf den Unfall müssen die Wiener Busse erst einmal in der Garage bleiben. Laut Wiener Linien sind bereits Experten des französischen Herstellers auf den Weg nach Wien, um dieUrsache zu untersuchen.
Der KURIER hat Unfallforscher Ernst Pfleger um eine Einschätzung gebeten: „Die Frage ist: Welche Sensoren werden bei den Bussen genutzt undwas können sie? Es wäre wichtig, dass die Fahrzeug-Hersteller, dieSensorentwicklerunddieWiener Linien dem Sachverständigen Einblicke geben, welche Technik verwendetwird.“
Prinzipiell begrüßt der Experte die Innovation. Dennochbefürchteter, dassallenfalls nicht alle möglichen Gefahren und Interaktionen genau durchdacht wurden.
Auch die Schuldfrage ist relevant. „In dem Moment, woeinPersonenschadenentstanden ist, muss den Unfall vor Gericht behandelt werden. Hier kommen wir dann wieder zur spannenden Frage nach der Schuld, die von den Rechtsexperten zu klärenist. SinddieFahrzeug-Herstellerfirma oder die SensorHersteller oder vielleicht die jeweiligen Verkehrsbetriebe schuld?“, fragt Pfleger.
Die Wiener Linien geben an, dass das ganze Projekt als solches versichert sei. Die Sensoren seien ein Teil des Forschungsprojekts.
ZweiterVorfall
Beim Lokalaugenschein traf der KURIER vor Ort eine Anrainerin die erzählt, dass ihr Sohn leidenschaftlich gerne mit dem Bus unterwegswar.
Bedenken habe sie keine, obwohl es schon einen ähnliches Vorfall gegeben hat, wie sie erzählt. „Damals ist ein Bursche mit Kopfhörern indenOhrenvordemBus gewesen. Der Bus hat wie wild gebimmelt, der Bursche hat aber keinerlei Anstalten gemacht, wegzugehen. ImEndeffekt hat der Bus eine Vollbremsung hingelegt.“WarumdasamDonnerstagnicht funktioniert hat, bleibt vorerst ungeklärt.