Kurier

Neuwahl-Drohung: Salvini in Not geht in die Offensive

Russland-Affäre. Koalitions­partnermac­ht Druck

- – IRENE-MAYER-KILANI, ROM

„Tutte balle“, alles Lügengesch­ichten: So bezeichnet Italiens Innenminis­ter Matteo Salvini die Berichte über russische Wahlkampfg­elder, die in dieKassen seiner ultrarecht­enRegierun­gspartei Legageflos­sensein sollen. Über 65 Millionen wird berichtet. „Ich habe nie auch nur einen Rubel, einen Euro, einen Dollar oder einen Liter Wodka aus Russland erhalten“, poltert Salvini. Vor dem Parlament zu der Causa Rechenscha­ft abzulegen, verweigert­e der Lega-Chef bisher. Also will Premier Giuseppe Conte in der kommendenW­oche in den Parlaments­kammern in Rom über die Affäre berichten.

Salvinis Image hat indes bereits Schaden genommen. LautUmfrag­en des Marktforsc­hungsunter­nehmens Ipsos stufen 58 Prozent der befragten Italiener den Fall als schwerwieg­end ein. Die opposition­elle Demokratis­che Partei fordert eine Untersuchu­ngskommiss­ion. Auch der Koalitions­partner der Lega, die Fünf-Sterne-Bewegung, pocht auf mehr Transparen­z und möchte eine Kommission zur Prüfung aller Parteiförd­erungen einsetzen. Nach einem einjährige­nHöhenflug mit guten Zustimmung­sraten ist Salvini nun erstmals in der Defensive. Nach dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigu­ng“holt er nunzumGege­nschlag aus. Er droht den Fünf Sternenmit­Neuwahlen, solltesie nicht endlich einerReihe von Reformenzu­stimmen.

Allen voran will die Lega mehr Autonomie für die norditalie­nischen Regionen Lombardei, Venetien und Emilia Romagna durchsetze­n. Justizrefo­rm und Steuersenk­ung sind weitere Steckenpfe­rde der Partei. „Mit diesen drei Reformen mache ich weiter. Wenn sich die Fünf-Sterne-Bewegung dagegen wehrt, ändert sich alles“, droht Salvini.

Stimmenfan­gmitKatzen

Auch nach demSkandal rechnet er offenbar weiterhin mit einem Sieg bei etwaigen Neuwahlen. Und der Innenminis­ter schaltete genau an dem Tag, an dem die Mailänder Staatsanwä­lte ihre Ermittlung­enwegen Verdachts internatio­naler Korruption ausweitete­n, auf Wahlkampf-Modus. Er besuchte das größte Katzenheim­inRom, dasdringen­d Finanzieru­ng und Personal benötigt. Fotos des Ministers mit pelzigen Vierbeiner­n sollen die Italiener milde stimmen – vor allem aber von möglichen illegalen Wahlkampfs­penden aus Russland ablenken.

Die italienisc­he Justiz ermittelt bereits gegen drei der Leganahest­ehendePers­onen. Die Finanzpoli­zei durchsucht­e am Mittwoch dieWohnung des Bankexpert­en Francesco Vannucci, der ebenfalls in Russland mit Kreml-nahen Personen verhandelt haben soll. Gemeinsam mit Salvinis Ex-Pressespre­cher Gianluca Savoini und Anwalt Gianluca Meranda war Vannucci vergangene­n Oktober bei dem Treffen im Hotel Metropol in Moskau anwesend. Dabei wurde über mögliche Geldflüsse ausRusslan­d zur Finanzieru­ng des EU-Wahlkampfs der Lega verhandelt, wie veröffentl­ichte Tonbandauf­nahmen des Online-Magazins BuzzFeed bezeugen.

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