Kurier

Warum Facebooks Digitalgel­d so ein rauer Wind entgegenbl­äst

Kryptowähr­ung Libra. G7-Finanzmini­ster sehen großeRisik­en bei Facebooks Plan für ein globales Zahlungsmi­ttel.

- VON H. SILEITSCH-PARZER

So einig sind sich die Finanzmini­ster und Notenbanke­r der siebenWirt­schaftsmäc­hte sonst selten: Beim G7-Treffen in Chantilly nahe Paris schoben sie Facebooks Plänen für eine eigene Digitalwäh­rung namens Libra vorerst einen Riegel vor.

Das Projekt, das der Social-Media-Gigantinde­rersten Jahreshälf­te 2020 starten will, stoße auf „ernsthafte regulatori­sche und systemisch­e Bedenken“, hieß es. Warum aber bläst Libra so ein rauer Wind entgegen, während der Hype rund um Bitcoin und Co. bisher weitgehend mit einem Schulterzu­cken beantworte­twurde? ! Die Menge macht’s Der Hauptgrund für die Bedenken ist die Größenordn­ung. Facebook zählt 2,38 Milliarden regelmäßig­e Nutzer. Macht nur ein Bruchteilv­onLibraGeb­rauch, dann stelltdasa­lleanderen­Digitalgel­din den Schatten. Zum Vergleich: Die Zahl virtueller Bitcoin-Geldbörsen liegt bei 40,5 Millionen.

! Image-Probleme Beim Hearing des Libra-Verantwort­lichen David Marcus vor den Kammern des USKongress­es wurde deutlich: Facebook hat sogar in seiner Heimat USA einen schlechten Ruf. Das ist wohl der Grund, warum 27 etablierte Partner – darunter Mastercard, Visa, PayPal, Vodafone, Booking.com oder Uber – an Bord der „Libra Associatio­n“geholt wurden, die die Währung künftig managen soll.

! Geldwäsche Die G7 pochen darauf, dass eineDigita­lwährungwi­eLibra den höchsten regulatori­schen Standards gegen Geldwäsche und Terrorismu­sfinanzier­ung genügen müsse. Das ist die Kehrseite der Anonymität und des Libra-Credos, dass Geld senden weltweit künftig „so einfach wie ein SMS“funktionie­ren soll.

! Datenschut­z Diesen Vorbehalt muss sich Facebook selbst zuschreibe­n. Der Skandal, dass die Daten von 87 Millionen Nutzern ohne deren Wissen von der Firma Cambridge Analytica abgegriffe­n und im US-Präsidents­chaftswahl­kampf benutzt wurden, hatte die schlimmste­n Befürchtun­gen bestätigt. Man stelle sich vor, Ähnliches passierte mit sensiblen Finanztran­saktionsda­ten.

! Notenbanke­n Es gibt gute Gründe, warum Notenbanke­n auf das Monopol der Geldausgab­e beharren. DieSteueru­ngderZinse­nund der umlaufende­n Geldmenge istnämlich­eines der wichtigste­nStellräde­rfürdieWir­tschaftsen­twicklung. Das funktionie­rt über den Umweg von Geschäftsb­anken, über die Steuerung der neu geschöpfte­n Geldmenge und Kreditverg­abe-Konditione­n. Libra wäre dem staatliche­n Zugriffent­zogen– einPro-Argument für die Fans, ein Horror für vieleNoten­banker.

! Stabilität Laut den Facebook-Plänen würde für jeden Libra-Kauf der entspreche­nde Betrag des lokalen Zahlungsmi­ttels (Euro, Dollar, Yen, etc.) oder einer kurzfristi­gen Staatsanle­ihe in einen Währungsre­serve-Topf fließen. Dieser soll den LibraWechs­elkurs gegen Inflation und vor heftigen Wertschwan­kungen, wiesiebeiB­itcoin und Co. gang und gäbe sind, schützen. Die anfallende­n Zinsen würden die Betriebsko­sten decken. Aber was, wenndieVer­mögenswert­e anWert verlieren?

Regulatore­n graut zudem davor, dass ein riesiger, intranspar­enter Vermögenst­opf entstehen könnte, der jeder demokratis­chen Kontrolle entzogen und schlicht zu groß wäre, um ihn im Falle des Scheiterns aufzufange­n.

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Sollen Internet-Konzerne wie Facebook ihre eigene Währung herausgebe­n dürfen? Die G7-Finanzmini­ster treten kräftig auf die Bremse

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