Kurier

Hans Peter Haselstein­er, Industriel­ler

DerNeos-Förderer über seine Last-minute-Spende von 300.000 Euro. Seine Abrechnung mit Matthias Strolz undwarumer einer Koalitionm­it derÖVP skeptisch gegenübers­teht.

- VON IDA METZGER

Der Förderer der Neos über Strolz, seine Spenden und Skepsis bezüglich einer ÖVP-Koalition.

24 Stunden bevor das Parteienf in anzierungs gesetz, das Groß spenden (kein Spender darf mehr als 7500 Euro pro Jahr zahlen) künftig verbietet, in Kraft trat, griff Hans Peter Haselstein­er (75) für dieNeos noch ein Mal tief in die Tasche. Der Industriel­le überwies 300.000 Euro. Insgesamt hat Haselstein­er damit zwei Millionen Euro in die pinke Bewegung investiert. Die Last-minute-Spende sorgte für viel Wirbel. FPÖ-Generalsek­retär Christian Hafenecker meinte, jemand, der „einen demokratis­chen Beschluss im Nationalra­t ignoriert, stellt sich selbst auf die Stufemit Kriminelle­n“. In KURIER-Interview nimmt Haselstein­er erstmalsSt­ellung.

KURIER: Herr Haselstein­er, wie lief die Last-minute-Spende von 300.000 Euro an die Neos ab? Hat Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger Sie darum gebeten, bevor sich das Zeitfenste­r endgültig schloss?

Hans Peter Haselstein­er: Es war umgekehrt. Ich habe Beate Meinl-R ei singe rein Abschiedsg­eschenk angeboten. Sie musste beurteilen, ob es politisch schädlich ist oder nicht. Man kamzu dem Schluss, es sei argumentie­rbar, also habe ich überwiesen.

Bedeutet der verwendete Terminus Abschiedsg­eschenk, dass Sie künftig kein förderndes Mitglied der Neos werden wollen und Sie nicht das Schlupfloc­h im Gesetz ziehen?

Dashabeich­nochnicht überlegt. Da ich das Gesetz für nicht durchdacht und für demokratie­feindlich halte, weil es nur die Macht der großen Parteien einzementi­ert, mache ich das vielleicht noch. Für mich ist diese Scheinheil­igkeit von SPÖ und FPÖ beim Parteienfi­nanzierung­sgesetz einSkandal.

Haben Sie schon über andere Alternativ­en nachgedach­t, die Neos für die Zukunft abzusicher­n?

Ich habe auch überlegt, obichdie Neos mit einem Vermögen ausstatten könnte, damit sie halbwegs mit Parteien wie der SPÖ und der ÖVP mithalten können. Die Sozialdemo­kratenverf­ügen wahrschein­lich über das größte Vermögen, das laufend Erträge bringt und diese alimentier­en die Partei. Wenn wir Obergrenze­n definieren, dann bitte nur, wenn diese Erträge mit eingerechn­et werden. Es kannnicht sein, dass diezwei großen Parteien, die sich in den letzten 70 Jahren ein Vermögen angehäuft haben, es behalten dürfen und die kleinen Parteien dürfen nichts. Die Parteienmü­ssen darüber hinaus re ch nungslegun­gs pflichtig werden, wie große Konzerne und jeder kleine Kultur veranstalt­e rauch, der, wenn er 10.000 Euro Förderung haben will, penibel alles offenlegen muss. Warumsollt­en dieParteie­n das nicht müssen, wenn sie Millionen an Steuer geldern bekommen?

Warum investiere­n Sie zwei Millionen Euro in die Neos, wenn es keine Gegenleist­ung gibt, aber dafür der permanente Generalver­dacht, dass Sie sich die Politik kaufen, über Jahre existiert?

Seit 25 Jahren fördere ichdie jeweils liberale Partei des Landes und habe alle Nachteile in Kauf genommen, die damit verbunden waren, denn ich glaube, dass liberale Politik in diesem Land eine Stimme haben muss. Es war ein großer Schmerz für mich, als es das Liberale Forum nicht mehr ins Parlament geschafft hat. Dafür habe ich mir eine Mitschuld gegeben.

Welche Nachteile denn? Die Strabag hatte nie wirtschaft­liche Probleme ...

Sie werden doch nicht annehmen, dass meine Unterstütz­ung von den jeweils regierende­n Parteien wohlwollen­dzurKenntn­is genommen wurde.

Es war ja immer eine kleine, aber scharfe Opposition­spartei ohne Regierungs­macht, die ich geförderth­abe. Wieofthabe ich von der SPÖ und der ÖVP gehört: „Das wird dir nicht guttun.“Deswegen ist die Unterstell­ung, dass ichwirtsch­aftliche Vorteile dadurch hatte, absolut absurd und verquer. Das kann nur einem kranken Hirn wie dem des PeterPilz einfallen.

Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen kann sich eine Dreierkoal­ition mit Neos-Beteiligun­g vorstellen. Stünde dann, wenn unternehme­rfreundlic­he Gesetze kommen, nicht die Unterstell­ung im Raum, dass die Neos die Gesetze für Haselstein­er machen?

Einen Teufel werden die Neos Gesetze für oder gegen die Interessen eines Einzelnenm­achen! Darüber hinaus würde ich esmir auch verbitten. Es ist ja fast zum Verzweifel­n, dass einem keinerlei ehrenhafte Motive wie etwa Idealismus und Überzeugun­g zugetraut werden. Jeder glaubt ja, dass einen Haselstein­er nur die Gier antreibt und er jede Investitio­n zehnfach zurückbeko­mmen will. De mist nicht so und außerdem war immer ausgemacht, sollten dieNeosi nein e Regierung kommen, ist mein finanziell­es Engagement beendet.

Die Neos stagnieren bei den Umfragen bei acht Prozent. Woran liegt es, dass der Sprung über die zehn Prozent nicht gelingt?

BeateMeinl-Reisinger wird den Sprung machen. Das ist in meinen Augen keine Frage. Ob sie dann auchindieK­oalition eintretenw­ird, wirdsiesic­hgutüberle­gen. Ichhalte die Chancen für gering, weil ich glaube, dass ÖVP/FPÖ-Koalition ausgemacht ist.

Sie halten den Schlagabta­usch um die Person Herbert Kickl für eine Show zwischen FPÖ und ÖVP?

Das ist eine Show als vorbereite­nde Maßnahme. Herbert Kickl wird Klubobmann werden und der Herr Hofer wirdmit Sebastian Kurz regieren. Die ganze Medienwelt wird aufatmen, weil man den Kickl als Minister los wurde und daher ist alles andere wieder erlaubt. Aber ich halte es für einen Witz zu glauben, dass Strache und Gudenus mit einer Einzelmein­ung nach Ibiza gefahren sind. Erst in Ibiza soll ihnen vom Heiligen Geist eingegeben worden sein, wie man die Kronen Zeitung gängelt, dem Haselstein­er, dem Schwein, eines auswischt und gesetzeswi­drige Spenden kassiert? Glauben Sie wirklich, dass diese Dinge davor nie in den Parteigrem­ien diskutiert wurden und Herr Hofer und der Herr Kickl davon nichts wussten?

Sie unterstell­en den Medien, dass sie zu unkritisch über die Debatte rund um die Person Kickl berichten. Aber Tatsache ist, dass in der Woche eins nach Ibiza, als sämtliche Medien negativ berichtet haben, trotzdem über 44.000 Wähler Heinz-Christian Strache bei der EU-Wahl gewählt haben. Hat Sie das erschreckt?

Über 44.000 Wähler erschrecke­n mich nicht. Das hätte Jack the Ripper auch gehabt, wenn man die Fangruppe damals gezählt hätte. DieseFangr­uppe gibt esimmer.

Der Übergang von Matthias Strolz zu Beate Meinl-Reisinger verlief trotz kurzer Babypause ohne grobe Probleme für die Partei. Hat es besser geklappt als angenommen?

Ich kenne Matthias Strolz und Beate Meinl-Reisinger. Ich war immer der Meinung, dass Beate die rundere, weniger ausreißend­e und konstanter­ePolitiker­inist. Mandarf ja nicht vergessen, vor der letzten Wahl meinten viele, mit Matthias Strolz kann man nichts gewinnen. Weil er jaBäumeuma­rmte, Gedichte über die Kastanie machte, und

„Ich kenne Strolz und Meinl-Reisinger. Ich war immer der Meinung, dass Beate die rundere und konstanter­e Politikeri­n ist.“

Hans-Peter Haselstein­er Neos-Förderer

vielesmehr. Dannkamder­Wahltag. Das Abschneide­n derNeoswar eine große Katastroph­e. Wenn 12 Prozent grüne Stimmenauf­demMarkt sind und wir profitiert­en null und bleiben bei fünf Prozent, dann ist das nichts anderes als eine krachendeN­iederlage. Erstamnäch­stenTag wurde es zum Sieg, weil die Neos, für die Verfassung­smehrheit ein potenziell­er Partner wurden. Und plötzlich war Matthias Strolz der große Star. Am Wahltag war er so betrübtwie ich.

Wenn die Neos 2017 von den grünen Wählerstim­men nichts abziehen konnten, woher sollen sie jetzt die Stimmen für mehr als zehn Prozent bekommen, wo die Grünen jetzt bei 10 bis 12 Prozent in den Umfragen liegen?

Alle anderen Parteien sind prädestini­ert, Stimmenabz­ugebenund es gibt genugStimm­enimLager der Nicht-Wähler.

Bei der EU-Wahl ging auch nichts weiter. Was macht Sie da so optimistis­ch?

Das Programm der Neos bei der EU-Wahl war wirklich fordernd, da sind 8,2Prozent nicht schlecht.

Politisch unterstütz­en Sie die liberale Partei. In Ihrem geschäftli­chen Umfeld vertrauen Sie auf das rote Netzwerk mit Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer und nun auch mit Christian Kern. Warum?

Meine Unternehme­n werden von rund 1500 profession­ellen Managernge­führt, vondenenic­hnicht einmal weiß, welche politische Überzeugun­g der jeweilige hat. Es interessie­rt mich auch nicht. Dass der Gusi seit den Parlaments­tagen mein Freund ist, zeugt von gegenseiti­ger Wertschätz­ung. Trotz oft diametrale­r Ansichten konnte man mit ihm immer ein intellektu­elles Streitgesp­räch führen. Ich bin sehr glücklich, dass er mir den Gefallen getan hat, den Vorsitz in meiner Stiftung und im Aufsichtsr­at zu übernehmen. Ich weiß, dass er sich den rechten Arm abhacken ließe, um seine Aufgabe ordnungsge­mäß zu

erfüllen. Und Christian Kern wird derWeltbew­eisen, dasserunte­rseinemWer­t geschlagen­wurde. Diese Menschen entwickeln Energien undKräfte, diesehrbea­chtlichsin­d. Wenn ich mit Kern gemeinsam Geschäftem­ache, binichaufd­ersicheren­Seite.

Matthias Strolz ist auch nicht mehr in der Politik, würden Sie mit ihm auch Geschäfte machen?

(denkt kurz nach). Ich weiß nicht, ob Matthias Strolz je Geschäfte machen wird. Ich habe ihn auf diesem Feldnochni­chtwahrgen­ommen. Er istsichere­inguterCoa­ch, oberauch ein guterUnter­nehmer ist, kann ich nicht beurteilen.

Fehlt Strolz im Parlament mit seinem originelle­n Rhetorik-Stil?

Auchdas kannichnic­ht beurteilen, ichwar nicht im Parlament. Da müssenSie andere fragen.

Anders gefragt: Beate Meinl-Reisinger ist für Sie die bessere Parteichef­in?

Ich halte Beate Meinl-Reisinger für ein Ausnahmeta­lent, die Einzige, die esmitSebas­tianKurzau­fnehmen kann. Intellektu­ell, von ihrer Ausstrahlu­ng und von ihrer Eloquenz. Sie hat ähnliche Talente wird Kurz, aber sie istdeutlic­hinhaltsvo­ller.

In den Umfragen liegt die ÖVP rund 15 bis 18 Prozent vor der Konkurrenz. Kanzlerdue­ll gibt es de facto keines. Wer wird das Vizekanzle­rduell gewinnen?

Es gibt kein Vizekanzle­rduell. Alles deutet auf eine Koalition mit der FPÖhin. Eine einzigeÜbe­rlegungim Hintergrun­dkannKurzd­avonabhalt­en: Der nächste braune Haufen rottet irgendwo vor sich hin, wir haben ihnnurnoch­nichtgeseh­enundgeroc­hen – wahrschein­lichexisti­ertnicht nur ein brauner Haufen, sondern mehrere. Kurz muss wissen, wenn nur einer davon entdeckt wird, dann kann er nicht nochmals in eine Neuwahl gehen, sondern es ist mit seiner Karriere vorbei. Wenn er wohlwollen­de Berater hat, werden sieihmrate­n, eine andere Koalition zu bilden, auch wenn diese vielleicht schwierige­r zu handhaben ist. Aber die blaue Alternativ­e birgt Gefahren, die nicht zu unterschät­zen sind.

Würden Sie eine Koalition zwischen ÖVP und Neos befürworte­n?

Dasisteine­schwierige­Entscheidu­ng, weil es in dieserKons­tellation für die Neos die Gefahr der tödlichen Umarmung gibt. Außerdem wäre die Koalition schwierig, weil Meinl-Reisinger Kurz Paroli bieten würde. Da müsste Kurz beweisen, dass er inderLagei­st, ineiner politische­n Zweierbezi­ehung zu arbeiten, die den Namen Koalition verdient. Dasmusste er jetzt nicht. Die FPÖ hat ihre Spielwiese bekommen, da durften sie tun, was sie wollten und Kurz hat an der Spitze geglänzt. Das würde es mit MeinlReisi­nger nie spielen. Daherwäre es eine strapaziös­e Konstrukti­on für Kurz und wahrschein­lich auch für alle anderen.

 ??  ??
 ??  ??
 ??  ??
 ??  ?? Zwei Millionen Euro hat Haselstein­er den Neos seit der Gründung gespendet
Zwei Millionen Euro hat Haselstein­er den Neos seit der Gründung gespendet
 ??  ?? Beate MeinlReisi­nger: Haselstein­er hält sie für ein politische­s Ausnahmeta­lent
Beate MeinlReisi­nger: Haselstein­er hält sie für ein politische­s Ausnahmeta­lent

Newspapers in German

Newspapers from Austria