Elisabeth Moss, Schauspielerin
Elisabeth Moss. Der Serienstar aus „Handmaid’sTale“über Fans, Frauenrechte und dieZukunft
Der „Handmaid’s Tale“-Star findet es toll, dass Fans mit ihrerMeinung nicht hinter dem Berg halten.
Mit 36 kann Elisabeth Moss schonaufeine30-jährigeKarrierezurückblicken. Geboren undaufgewachsen in Los Angeles, wusste sie mit vier, wassienichteinesTages, sondern gleich werden wollte. Ihre ersteRollewar zwei Jahre später in der TV-Serie „Lucky Chances“, ihren Durchbruch schaffte sie als Martin Sheens Tochter in „West Wing“. So richtig berühmt wurde sie als Peggy Olson in MattWeiners „Mad Men“.
Für „The Handmaid’s Tale“(Details zu der Serie siehe Info unten) gewann sie einen Golden Globe. In den Drehpausen für die Serie dreht sie Filme, gleich drei kommen noch in diesem Jahr in die Kinos. Bei ihrer in den USA hochgelobten Kultserie hat sie nun auch den Produzententitel.
KURIER: Was ist die Thematik der dritten Staffel? Elisabeth Moss: Für June ist es die Entdeckung der eigenen Stärke. Siewurdeeinevonihnen, damit sie sie schlagen kann. Sie ist jetzt cooler, mutiger, smarter. Sie hat einen Plan, dorthinzutreffen, woes wehtut. Und sie lässt sich von nichts und niemandem von ihrem Vorhaben abbringen. SieistnichtmehrdiePerson, diesiewar, alsmansiegefangen hat. Aber man sieht auch, wie dieses System, dieseWelt einen Menschen verändern kann.
Wie bleibt eine Rolle nach Jahren noch frisch für einen Schauspieler?
Das wäre ein Problem, wenn wir keine guten Autoren hätten. Ichweiß von Kollegen in anderen Serien, dass sie nach einigen Jahren dasGefühlhaben, siewürden am Fließband arbeiten. Ich habe diese Erfahrung zum Glück noch bei keiner meiner Serien gemacht. Und als Produzentin habe ich natürlich auch mehr Einfluss auf dieEntwicklungmeinereigenen Figur.
Können Sie sich vorstellen, noch drei Jahre mit dieser Serie zu verbringen?
Keine Ahnung. Wir sind jetztbeimDrehderelftenund zwölften Folge der dritten Staffel, und ich weiß ja nicht mal, wie diese enden wird. Es ist die Geschichte einer Frau und ihrer Entwicklung. Ich weiß nicht, wie lang wir das fortsetzen können. Mir gefällt, wo wir jetzt sind, weilwirdemPublikumnichts mehr erklären müssen. Wir müssen keine Figuren, keine Prämissenmehrklarmachen, keine Zeit mehr damit verbringen, Gründe für eine Handlungauszubreiten, sondern wir können nun einfach handeln. Ich finde, diese Mitte, in der wir jetzt sind, extrem interessant.
Was sind die größten Momente in Ihrer Karriere?
Ich mache das jetzt seit 30 Jahren, das ist eine sehr lange Zeit. „West Wing“war ganz sicher ein wichtiger Punkt. Da habe ich gelernt, professionell zu arbeiten, zu wissen, womansichhinstellt, was der Unterschied zwischen einer Nahaufnahme und einer Großaufnahme ist, und wie verschieden man da spielen muss. Und ichhabevondenKollegengelernt, die allesamt älter waren als ich.
Was war der härteste Job?
Der härteste ist mit Sicherheit„TheHandmaid’sTale“. Nichts kommt an das heran, was ich gerade mache. Die Arbeitszeiten sind lang, dieRolleistpsychischschwierig und gleichzeitig ist es der beste und erfüllendste Job, den ich je hatte. Diese zwei Gegensätze gehen Hand in Hand.
Haben Sie nach 30 Jahren als Schauspielerin gelernt, mit der öffentlichen Seite Ihres Berufes umzugehen?
Was ich gelernt habe ist, dass du dich nie googeln darfst. Aber das erkennt ja jeder beim ersten Mal, wenn er das tut, oder? Und wer es nicht begreift, ist selbst schuld. Was ich am öffentlichen Aspekt meiner Arbeit liebe, ist der direkte Kontakte mit Menschen. Schon bei „Mad Men“, besonders gegenEndederSerie, sindoft Frauen auf mich zugekommen und haben gesagt: „In IhrerRolle als Peggy inspirieren Sie mich.“Das finde ich wunderbar. Und auch, dass die Leute mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg halten. Wenn die etwas hassen, dann hassen sie es wirklich und sagen es auch.
Genau wie zuletzt „Game of Thrones“ist auch „The Handmaid’s Tale“schon weit über das Ende des Romans hinaus. Viele Leute waren vom Ende von „GoT“sehr enttäuscht. Haben Sie, weil Sie ja nun auch Produzentin Ihrer Serie sind, Bedenken, dass die Fans ähnlich reagieren könnten?
Ichkanndasja nichtwirklich beeinflussen, es ist letztlichSacheunsererDrehbuchautoren, unddasistwiebeiallen Serien ein ganzes Team. Es ist deren Aufgabe, die sie auch erfüllen, auf die Reaktion der Fans zu achten. Ich gebe zu, dass wir bei jeder Staffel die ersten sechs, sieben Monate während des Drehs, wennnochnichts ausgestrahlt wurde, in einer Art Blase leben. Erst bei der Ausstrahlung können wir die Reaktion der Zuschauer abschätzen. Undichbin die Erste, die sagt, so eine Serie gehört dem Publikum genauso wie sie den Machern gehört. Die Serie wird immer wieder als Spiegelbild unserer Ära beschrieben, mit dem Recht auf Abtreibung, das in vielen Bundesstaaten und anderen Ländern der Welt gefährdet ist.
Ja, wir sind in einer sehr prekären Situation in Amerika, es ist angsterregend und erinnert viel zu sehr an die Welt der „Handmaid’s Tale“. Diese Phase, in der alles normal erscheint, aber unter der Oberflächebrodeltes, dagibt es Zeichen, dass die persönliche Freiheit eingeschränkt wird, dass die Menschen von einer Macht kontrolliertwerden, und das ist fast genauso wie zu Beginn dieser angeblich fiktiven Serie. Ich habe ein sehr unangenehmes GefühlimMagen, dasswirdaauf eine schreckliche Welt zusteuern, eine Welt, in denen Menschen vorgeschrieben wird, was sie und was sie nicht mit ihrem Körper tun dürfen.
June geht, wie es scheint, sehr weit in der neuen Staffel, um die Rechte der Frauen zu schützen. Was tun Sie in der Realität?
Ich werde nie die Worte der Autorin Margaret Atwood vergessen: Schau auf dein Recht zu protestieren. Wenn dir das weggenommenwird, dannbistduingroßerGefahr. Undkonzentriere dich nicht nur auf die Präsidentschaftswahlen, die alle vier Jahre stattfinden, sondern auf die kleinen Kommunalwahlen dazwischen. Denn das sind die kleinen Schritte, die zu großen Veränderungen führen. Die Einschränkung deiner Rechte beginnt in deinem Bezirk, nicht im Senat oder Parlament.