Die Vermessung des Plastikflusses
Umwelt. Erstmals wirdMikroplastik in der ganzenDonau erhoben. Auch ökologischerZustand steht aufdemPrüfstand
„Das Mikroplastik ist überall und wir vergiften uns quasi selber.“Robert Mach von der Meeresschutzorganisation Sea Sheperd ist sehr pessimistisch. Seine Sorge ist nicht unberechtigt. Auch in der Donau schwimmen die Partikel. 2015 wurde in einer Studie festgestellt, dass 41 Tonnen Plastik pro Jahr in den Strom gelangen, darunter ein hoher Anteil an Mikroplastik.
Vor Kurzem startete nun eine Erhebung, bei der erstmalsderAnteildieserPartikel im gesamten Flusslauf untersucht wird. Es ist die weltweit größte derartige Flussuntersuchung, an der sich 13Länderbeteiligen. Vonden 51 Messstellen befinden sich fünf in Österreich. Auch der ökologische Zustand der Donau, die Wasserqualität – etwa potenzielle Gefahren von Fäkalkeimen und antibiotikaresistenten Keimen – oder Bedrohungen durch eingeschleppte Arten werden untersucht. Dennhierbrachte die Vorgängerstudie 2013 beunruhigendeErkenntnisse. So wurden in zahlreichen Proben im gesamten Fluss resistente Bakterien nachgewiesen. Zudem hatte sich die invasive Fischart Schwarzmundgrundelstarkvermehrt.
Aber zurück zum Plastik: Zwischen Mitte Juni und Mitte Juli wurde an zwei Stellen bei Klosterneuburg und Hainburg Mikroplastik gesammelt. Dazu haben Forscher Kästen in die Donau gehängt, durch die das Wasser floss. Die Partikel, die sich dort abgesetzt haben, werden nun in Deutschland untersucht. „Erstmals kann man damit sagen, in welchen Ländern Mikroplastik in welchen Mengen auftritt“, erklärt Biologin Karin Deutsch aus demUmweltministerium, die das Projekt in Österreich managt.
Folgewirkungen unklar
Welche ökologischen Folgen Mikroplastik mit einem Durchmesser von unter 5 Millimetern in Flüssen verursacht, ist noch unklar.
Allerdings gibt es laut Biologin Deutsch Hinweise darauf, dasssichgrößerePlastikteilchen in den Fischmägen ansammeln und die Tiere dadurch kein Hungergefühl haben – schlimmstenfalls verhungern sie. Zudem können sie durch die Kanten der Plastikteilchen verletzt werden. Doch während Deutsch das vorwiegend als Problem bei Meeresfischen verortet, hat Ronald Hillerbrand, der sich im Nationalpark Donau-Auen mit dem Thema befasst, auch schon bei Donaufischen kleinePlastiksackerlimMagengefunden.
DennselbstgroßePlastikteile würden beim Transport in der Donau zerrieben oder durch Sonneneinstrahlung zersetzt. Die Teilchen gelangen dann als Mikroplastik wiederinsWasserundinweitererFolgeindenSpeisekreislauf, meint Hillerbrand. Und Mikroplastikstehtunteranderem unter Verdacht, Krebs auszulösen. Problematisch ist auch, dass die Partikel Schadstoffeanreichern. 2018wurde Mikroplastik von Forschern derMedUniWieninmenschlichemStuhl nachgewiesen.
Mach geht noch einen Schritt weiter. „Wir wissen, überall, wo Mikroplastik ist, istauchNanoplastik. Dasverdampft und kommt im Regen wieder runter“, sagt er. Dieses Nanoplastik könne die Blut-Hirn-Schrankeüberwinden. „Der größte Eintrag von Mikroplastik stammt vom Reifenabrieb von Autos und Lkw – 60 Prozent“, erklärt er. Auch Fasern, die sich beim Waschen aus Kleidunglösen, sindeinProblem.
Jeder kannhelfen
Mittlerweile sei zwar das Bewusstsein bei der Bevölkerung gestiegen, die Plastikmenge aber nicht gesunken. Bei regelmäßigen „Cleanups“bei denen Freiwillige Flussufer reinigen, werden vor allem Zigarettenstummel als Problem ausgemacht, meint Mach. Hillerbrand findet vorwiegend PET-Flaschen oder Kleidung. „Aberwenig Industriemüll.“
Am 24. 8. gibt es in Wien ein „Danube Cleanup“(U1 Station Donauinsel). Denn: Was im Fluss landet, gerät auch irgendwann ins Meer.