Minister ebnet Weg für Häf’n-Reform
Justiz. Nach Bestandsaufnahme: Fußfessel kann ausgeweitet, Störsender und Bodycams sollen möglich werden
Gefängnisse, die aus allen Nähten platzen; Verfahren, die sich über Jahre ziehen; allerorts Personal, das am Burn-out vorbeischrammt; und obendrein ein interner Streit in der Führungsetage. Hört man sich dieser Tage in der Justiz um, wird deutlich: Es gibt allerhand zu tun (siehe Bericht rechts).
Justizminister und Vizekanzler Clemens Jabloner ist da in einer schwierigen Situation. Er ist nur Übergangsminister, Budget und Personalplan sind lange vor seiner Zeit fixiert worden.
Für all jene, die zuletzt mehr Ressourcen gefordert haben, gibt es eine klare Absage aus dem Ministerium: Die Rufe gehen ins Leere, einen Handlungsspielraum gibt es schlicht nicht. „Wir müssen uns in dem Rahmen bewegen, den wir haben“, sagt eine Sprecherin.
Was nicht heißt, dass Jabloner bis zur nächsten Regierungsbildung untätig ist. Er will seine Unabhängigkeit nutzen, um quer durch alle Institutionen eine Bestandsaufnahme zu machen.
Vorab heißt es aus seinem Ressort, dass die Forderung nach mehr Geld jedenfalls zu kurz greife. „Es wird vielerorts auch nötig sein, Prozesse zu straffen und die Effizienz zu steigern.“
Mit seinem „Wahrnehmungsbericht“, wie er ihn nennt, will der Justizminister seinen Nachfolger befähigen, gut für sein Ressort zu verhandeln. Gleichzeitig will er die Weichen für Maßnahmen stellen, die auf die lange Bank geschoben wurden – ein aktuelles Beispiel ist der Strafvollzug.
Dem KURIER liegen Eckpunkte einer Novelle vor, die Justizminister Jabloner bald in Begutachtung schicken will. Die nächste Regierung oder das Parlament müssten die Reform dann nur noch anpacken. Die Punkte:
– Störsender sollen in Gefängnissen eingerichtet werden, um zu verhindern, dass Häftlinge heimlich Handys benutzen und ins Internet einsteigen. Kürzlich wurde ein Fall eines Insassen bekannt, der im Darknet mit Kinderpornos gehandelt haben soll.
Schon jetzt gibt es in jeder Justizanstalt Geräte, um Handys aufzuspüren. Hafträume werden regelmäßig gefilzt. Was da durchrutscht, könnte unschädlich gemacht werden, weil die Mobilfunkfrequenz unterdrückt wird. Technisch ist die Sache aber knifflig: Der Wirkungsradius des Störsenders endet nicht an den Gefängnismauern. Gerade bei Anstalten in der Stadt könnten auch Nachbarn oder öffentliche Bereiche betroffen sein. Und: Auch die Privathandys der Justizwachebeamten funktionieren dann nicht – privates Surfen im Dienst ist aber ohnehin nicht erlaubt.
– Bodycams wurden gerade bei der Polizei erprobt, auch die Justizwache könnte bald damit ausgestattet werden. Die Novelle eröffnet nur die Möglichkeit – das Budget für die Anschaffung müsste der nächste Justizminister ausverhandeln. Solche Kameras sollen präventiv wirken: Die Hemmschwelle, jemanden zu attackieren, wenn man gefilmt wird, ist höher – auf beiden Seiten. Sollte es dann doch zu einem Zwischenfall kommen, gibt es einen Videobeweis. Für den Umgang mit verhaltensauffälligen Insassen soll es künftig zudem klarere Vorgaben geben.
– Fußfesseln sollen auch für Verurteilte mit einer Haftstrafe von bis zu 24 (statt bisher zwölf) Monaten möglich sein. Das hat schon Jabloners Vorgänger Josef Moser angekündigt, aber nicht umgesetzt. Der elektronisch überwachte Hausarrest ist eine Alternative zur klassischen Straf haft, die Verurteilten können dann weiter ihrem Job nachgehen und bei ihrer Familie sein. Das entlastet auch die überfüllten Gefängnisse. Schwere Gewaltverbrechen oder Sexualstraftaten bleiben von der Fußfessel ausgenommen.