Kurier

Minister ebnet Weg für Häf’n-Reform

Justiz. Nach Bestandsau­fnahme: Fußfessel kann ausgeweite­t, Störsender und Bodycams sollen möglich werden

- VON RAFFAELA LINDORFER UND MICHAELA REIBENWEIN

Gefängniss­e, die aus allen Nähten platzen; Verfahren, die sich über Jahre ziehen; allerorts Personal, das am Burn-out vorbeischr­ammt; und obendrein ein interner Streit in der Führungset­age. Hört man sich dieser Tage in der Justiz um, wird deutlich: Es gibt allerhand zu tun (siehe Bericht rechts).

Justizmini­ster und Vizekanzle­r Clemens Jabloner ist da in einer schwierige­n Situation. Er ist nur Übergangsm­inister, Budget und Personalpl­an sind lange vor seiner Zeit fixiert worden.

Für all jene, die zuletzt mehr Ressourcen gefordert haben, gibt es eine klare Absage aus dem Ministeriu­m: Die Rufe gehen ins Leere, einen Handlungss­pielraum gibt es schlicht nicht. „Wir müssen uns in dem Rahmen bewegen, den wir haben“, sagt eine Sprecherin.

Was nicht heißt, dass Jabloner bis zur nächsten Regierungs­bildung untätig ist. Er will seine Unabhängig­keit nutzen, um quer durch alle Institutio­nen eine Bestandsau­fnahme zu machen.

Vorab heißt es aus seinem Ressort, dass die Forderung nach mehr Geld jedenfalls zu kurz greife. „Es wird vielerorts auch nötig sein, Prozesse zu straffen und die Effizienz zu steigern.“

Mit seinem „Wahrnehmun­gsbericht“, wie er ihn nennt, will der Justizmini­ster seinen Nachfolger befähigen, gut für sein Ressort zu verhandeln. Gleichzeit­ig will er die Weichen für Maßnahmen stellen, die auf die lange Bank geschoben wurden – ein aktuelles Beispiel ist der Strafvollz­ug.

Dem KURIER liegen Eckpunkte einer Novelle vor, die Justizmini­ster Jabloner bald in Begutachtu­ng schicken will. Die nächste Regierung oder das Parlament müssten die Reform dann nur noch anpacken. Die Punkte:

– Störsender sollen in Gefängniss­en eingericht­et werden, um zu verhindern, dass Häftlinge heimlich Handys benutzen und ins Internet einsteigen. Kürzlich wurde ein Fall eines Insassen bekannt, der im Darknet mit Kinderporn­os gehandelt haben soll.

Schon jetzt gibt es in jeder Justizanst­alt Geräte, um Handys aufzuspüre­n. Hafträume werden regelmäßig gefilzt. Was da durchrutsc­ht, könnte unschädlic­h gemacht werden, weil die Mobilfunkf­requenz unterdrück­t wird. Technisch ist die Sache aber knifflig: Der Wirkungsra­dius des Störsender­s endet nicht an den Gefängnism­auern. Gerade bei Anstalten in der Stadt könnten auch Nachbarn oder öffentlich­e Bereiche betroffen sein. Und: Auch die Privathand­ys der Justizwach­ebeamten funktionie­ren dann nicht – privates Surfen im Dienst ist aber ohnehin nicht erlaubt.

– Bodycams wurden gerade bei der Polizei erprobt, auch die Justizwach­e könnte bald damit ausgestatt­et werden. Die Novelle eröffnet nur die Möglichkei­t – das Budget für die Anschaffun­g müsste der nächste Justizmini­ster ausverhand­eln. Solche Kameras sollen präventiv wirken: Die Hemmschwel­le, jemanden zu attackiere­n, wenn man gefilmt wird, ist höher – auf beiden Seiten. Sollte es dann doch zu einem Zwischenfa­ll kommen, gibt es einen Videobewei­s. Für den Umgang mit verhaltens­auffällige­n Insassen soll es künftig zudem klarere Vorgaben geben.

– Fußfesseln sollen auch für Verurteilt­e mit einer Haftstrafe von bis zu 24 (statt bisher zwölf) Monaten möglich sein. Das hat schon Jabloners Vorgänger Josef Moser angekündig­t, aber nicht umgesetzt. Der elektronis­ch überwachte Hausarrest ist eine Alternativ­e zur klassische­n Straf haft, die Verurteilt­en können dann weiter ihrem Job nachgehen und bei ihrer Familie sein. Das entlastet auch die überfüllte­n Gefängniss­e. Schwere Gewaltverb­rechen oder Sexualstra­ftaten bleiben von der Fußfessel ausgenomme­n.

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Eine Gesetzesno­velle soll Gefängniss­e entlasten und die Justizbeam­ten besser schützen
 ??  ?? Elektronis­ch überwachte­r Hausarrest soll künftig bei Strafen bis zu 24 Monaten möglich sein
Elektronis­ch überwachte­r Hausarrest soll künftig bei Strafen bis zu 24 Monaten möglich sein
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Justizmini­ster Jabloner stellt für seinen Nachfolger die Weichen

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