Kurier

Polizisten­mord: Kritik an Verhörmeth­oden der Beamten

Italien. Ein Amerikaner gestand die Tat. Debatte über Polizeigew­alt und Innenminis­ter Salvini – der an das Opfer erinnert.

- AUS ROM IRENE MAYER-KILANI

Tausende Menschen nahmen am Montag von Carabinier­e Mario Cerciello Rega in seinem Heimatort Somma Vesuviana bei Neapel Abschied. Der in die Tricolore Fahne gehüllte Sarg wurde unter Applaus in die Kirche Santa Croce getragen. Dort hatte der 35-jährige Carabinier­i erst vor sechs Wochen geheiratet. Bei der Trauerfeie­r waren auch die beiden italienisc­hen Vize-Premiers Luigi Di Maio und Matteo Salvini sowie weitere hochrangig­e Regierungs­vertreter anwesend.

Rega war Freitagnac­ht Opfer einer Attacke mit einem Bajonett geworden, wie es US-Marines verwenden. Der Täter ist ein geständige­r 19jähriger US-Bürger. Der Mordfall lässt viele Fragen offen. Wie konnte ein junger Mann mit elf Messerstic­hen auf einen Carabinier­e losgehen? Warum konnten sich die beiden Carabinier­i mit ihren Dienstwaff­en nicht verteidige­n?

Zunächst war von zwei Nordafrika­nern die Rede gewesen, was eine Welle an rassistisc­hen Kommentare­n auslöste, die von Innenminis­ter Salvini befeuert wurde. Dann von zwei jungen Männern, einer davon der geständige Täter. Sie hatten einem italienisc­hen Drogendeal­er den Rucksack gestohlen, nachdem dieser ihnen Aspirin statt Kokain verkauft hatte. Dem Opfer boten sie an, gegen 100 Euro und ein Gramm Kokain den Rucksack wiederzube­kommen. Am Treffpunkt warteten Cerciello Rega und sein Kollege in zivil auf die Diebe.

Der Täter erklärte, er habe den Carabinier­e für einen Dealer gehalten, Angst gehabt. Zuvor hatten die beiden Touristen Drogen, Psychophar­maka und Alkohol eingenomme­n.

Verbundene Augen

Der Fall sorgt für Bestürzung. Nachdem im Internet ein Foto veröffentl­icht wurde, das einen der mutmaßlich­en Täter gefesselt und mit verbundene­n Augen auf der Polizeiste­lle zeigt, wird über die Verhörmeth­oden debattiert. Regierungs­chef Conte kritisiert das Vorgehen der Polizei. Es entspreche nicht den rechtsstaa­tlichen Prinzipien des Landes. Die Polizei sagt, man habe den Burschen nur für fünf Minuten während der Wartezeit bis zum Verhör die Augen verbunden.

Innenminis­ter Salvini, der wegen seiner Attacken gegen Schwarzafr­ikaner unmittelba­r nach der Tat in der Kritik steht, entgegnet: „Wer sich über die verbundene­n Augen aufregt, den erinnere ich daran, dass das einzige Opfer, um das wir trauern, ein Ehemann, Sohn und treuer Diener des Staates ist. Die Schuld dafür tragen Leute, die nur eine lebenslang­e Haft verdienen.“

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