Tatort Bahnsteig
Frankfurt. Frau und Kind werden von einem Mann vor den Zug gestoßen, sein Motiv ist unklar
Hauptbahnhof Frankfurt, kurz vor zehn Uhr Vormittag. Auf Gleis 7 passiert 7 Unvorstellbares: Eine Frau und ihr achtjähriger Sohn stehen am Bahnsteig, als sie vor den Augen der Mitreisenden vor einen einfahrenden ICE gestoßen werden. Während sich die 40-jährige Frau in letzter Sekunde auf einen Fußweg zwischen zwei Gleise retten kann, wird der Bub vom Zug erfasst und stirbt.
Der mutmaßliche Täter, ein 40 Jahre alter Mann eritreischer Herkunft, soll noch versucht haben, eine weitere Person aufs Gleis zu stoßen. Danach lief er aus dem Hauptbahnhof. Passanten konnten ihn überwältigen, er ist in Polizeigewahrsam und wird einvernommen.
Über das mögliche Motiv des Mannes gibt es noch keine Erkenntnisse. Laut einer Polizeisprecherin dürfte es nach derzeitigem Ermittlungsstand keine Beziehung zu den Opfern gegeben haben. Die Mutter des Buben befindet sich derzeit im Krankenhaus und solle so bald wie möglich befragt werden.
Ähnliche Fälle
Eine ähnliche Tat ereignete sich vor knapp einer Woche im nordrhein-westfälischen Voerde. Dort wurde eine 34Jährige vor einen einfahrenden Zug gestoßen und getötet. Der 28-jährige mutmaßliche Täter schweigt bislang zu den Vorwürfen. Die Polizei erhofft sich indessen weitere Erkenntnisse aus einer Blutuntersuchung (siehe rechts).
Auch in München und Berlin kam es in den vergangenen Jahren zu Gleisstößen ohne jegliche Vorwarnung. Im April 2017 wartete ein 59jähriger Mann auf die UBahn, als ihn eine 38-jährige Frau, die unter paranoider Schizophrenie leidet, vor die Bahn stieß. Der Mann hatte Glück, der Zug kam zehn Meter vor ihm zum Stehen. Keine Chance hatte jene Frau, die 2016 auf einem Berliner UBahnhof vor eine Bahn gestoßen und tödlich verletzt wurde. Der Täter stellte sich als psychisch krank heraus.
Während es im aktuellen Fall noch kaum Erkenntnisse gibt, haben in sozialen Netzwerken einige schnell ihr Urteil gefällt. Neben Mitgefühl mit der Familie machten sich dort Hass und Hetze breit. Einer der ersten Tweets kam von AfD-Fraktionschefin Alice Weidel, die von einer abscheulichen Tat schrieb und diese sofort mit der Flüchtlingskrise in Verbindung brachte. GrünenFraktionschefin Katrin Göring-Eckardt twitterte, ihre Gedanken seien „bei der Mutter und den Angehörigen des Jungen“. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) äußerte sich erschüttert: „Es macht fassungslos.“
Mit Blick auf die Reaktionen brach Innenminister Horst Seehofer (CSU) seinen Urlaub ab. Er nehme zur Kenntnis, dass bereits eine öffentliche Bewertung des Sachverhalts stattfindet. „Dies ist seriös aber erst möglich, wenn die Hintergründe aufgeklärt sind.“Er will sich heute mit Sicherheitsbehörden treffen.