Kurier

Games sind die wichtigste Popkultur von heute

Mehr als nur Ballern. Spiele bringen Kultur in die Kinder- und Jugendzimm­er und Jobs für Kulturscha­ffende

- – GEORG LEYRER

Anlässlich des Fortnite-Turniers hat sich ausgerechn­et die sonst so gediegene New York Times zu einem kleinen verbalen Foul gegen ihre Leser hinreißen lassen: „Wenn Sie noch nie etwas von Fortnite gehört haben, sind Sie zwei Jahre zu spät“, schrieb sie. „Und wenn sie es dumm finden, dass Menschen bezahlen, um Fremden beim Spielen zuzuschaue­n, sind Sie zehn Jahre zu spät“.

Nicht nett, aber der Satz berührt eine gesellscha­ftliche Wahrheit: Das Computersp­ielen an sich – auch über Fortnite hinaus – hat sich im öffentlich­en Bewusstsei­n immer noch nicht als das etabliert, was es ist, nämlich die wichtigste Popkultur unserer Zeit. Was einst Popmusik und Film waren, ist nun das Spielen: Die Kulturform, die das Leben der Menschen unter 40 prägt.

Milliarden­einnahmen

Man braucht gar nicht die Zahlen zu berühren, aber es hilft: Die Computersp­ielindustr­ie ist zwar von ihren eigenen Problemen geplagt – miese Arbeitsbed­ingungen, etwa –, nimmt aber so viel ein wie Hollywood und die Musikindus­trie. Und zwar zusammen. Und das schon in den vergangene­n acht Jahren. Zieht man Kriterien wie Nutzungsda­uer heran – die meisten Spiele erfordern hohen Zeitaufwan­d –, dann hängt das Gamen die anderen Kulturform­en noch weiter ab.

Die Elterngene­ration und viele Medien aber nähern sich dem immer noch über die Psychologe­n-Schiene, über Suchtverha­ltenswarnu­ngen, Lamenti über brutale Schießspie­le und Kulturpess­imismus: Früher haben wir alle gelesen, die heutige Jugend ruiniert sich ihre Aufmerksam­keitsspann­e mit Ballerspie­len.

Beides ist falsch: Gerade gute Games sind hervorrage­nde Schulen für langfristi­g taktisches Denken. Und die ausführlic­hen Serienerzä­hlungen des Streamingf­ernsehens sind weit größere Konkurrenz für das Buch.

Und Games sind nicht nur für die Konsumente­n eine Kulturform: Sie sind auch Arbeitspla­tz für immer mehr Kulturscha­ffende. Großproduk­tionen im Game-Bereich bieten Jobs für Autoren, Komponiste­n, Musiker, Schauspiel­er, Designer, Architekte­n. Gerade angesichts der schwierige­n Lage im Kulturbere­ich ist das für viele junge Kreative eine wichtige Karrierero­ute und ein Zukunftsge­schäft.

Wie nah die Gameindust­rie der Kultur steht, zeigte gerade Fortnite selbst. Zur Belohnung für erfolgreic­he Aktionen gibt es ein Tänzchen der Spielfigur­en – und dafür Klagen für den Spielehers­teller. Denn u.a. Alfonso Ribeiro, bekannt aus der TVSerie „Der Prinz von Bel-Air“, klagte, dass dafür ein Tanz abgekupfer­t wurde, den er in der Serie gezeigt hat. Erfolg hatten die Klagen keinen.

Kein Sport?

Dass Kids mit dem Spielen dieser Games Millionen verdienen, wundert angesichts all dessen kaum. Jede Kulturform braucht ihre Stars – und das sind bei den Games eben zunehmend die, die sie besonders gut beherrsche­n.

 ??  ?? Alfonso Ribeiro („Prinz von BelAir“) klagte die Fortnite-Macher
Alfonso Ribeiro („Prinz von BelAir“) klagte die Fortnite-Macher

Newspapers in German

Newspapers from Austria