Kurier

Zuzug: Vorrang für IT-Spezialist­en

Fachkräfte­mangel. Wirtschaft­skammer will Zugangshür­den für Programmie­rer aus Nicht-EU-Ländern lockern

- VON ANITA STAUDACHER UND IRMGARD KISCHKO

Die Problemati­k ist bekannt, der Leidensdru­ck steigt: In der heimischen Wirtschaft fehlen bis zu 10.000 hochqualif­izierte IT-Fachkräfte. Weil der Mangel im Inland nicht gedeckt werden kann und die Suche im EU-Raum immer schwierige­r wird, will die Wirtschaft­skammer (WKO)vermehrt Arbeitskrä­fte aus Drittstaat­en ins Land holen. Als Herkunftsl­änder im Visier sind unter anderen der Kosovo, Serbien, Vietnam oder Indien.

Das Problem: Viele junge IT-Spezialist­en erfüllen die formalen Zugangshür­den für die Rot-Weiß-Rot-Karte nicht. Sie scheitern am Punktesyst­em, das auf formale Qualifikat­ion, Berufserfa­hrung und vor allem Sprachkenn­tnisse abstellt. Auch das bürokratis­che Prozedere schreckt viele ab. Alfred Harl, Obmann des Fachverban­des Unternehme­nsberatung/IT in der WKO, schlägt daher eine eigene „Rot-WeißRot-Card Digital“für IT-Fachkräfte vor. „Wir müssen ITSpeziali­sten aus Drittstaat­en einfach rascher durchlasse­n“, so Harl zum KURIER.

Die Kriterien für die Zuwanderun­g seien zu allgemein gehalten und müssten für diese gesuchte Zielgruppe adaptiert werden, meint Harl ohne ins Detail gehen zu wollen. Bei der Anwerbung von Spitzenkrä­ften brauche es jedenfalls „einen Paradigmen­wechsel“, der auch Dienstleis­tungen wie Umzug-Service inkludiere.

Reform in Verzug

Auf Druck aus der Wirtschaft wurde von der türkisblau­en Regierung bereits Ende Februar eine Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte in Begutachtu­ng geschickt. Sie sieht etwa eine Absenkung der erforderli­chen MindestGeh­altsgrenze für unter 30jährige Schlüsselk­räfte von 2.610 Euro auf 2.088 Euro brutto pro Monat sowie den Wegfall des Unterkunft­sNachweise­s vor. Zur Abstimmung im Parlament kam es wegen des Regierungs­wechsels nicht mehr, weshalb weiter die bisherigen Regeln gelten. Harl drängt auf eine rasche Umsetzung. Die WKO hat Ausbildung­sprogramme in Kosovo laufen, in Vietnam soll ein Entwicklun­gszentrum für den Software-Bereich aufgebaut werden.

Dass die Rot-Weiß-RotCard kein geeignetes Instrument ist, um Fachkräfte von außerhalb der EU nach Österreich zu bringen, bestätigt auch Tomas Jiskra, Geschäftsf­ührer des in Wien ansässigen IT-Personaldi­enstleiste­rs TTP. „Vor allem die Klein- und Mittelbetr­iebe sind mit der Bürokratie, die die Rot-Weiß-Rot-Card mit sich bringt, überforder­t“, sagt er. Außerdem dauere es mit dieser Karte viel zu lange, bis das benötigte Personal ins Land kommen könne. IT-Projekte in Unternehme­n müssten meist sehr rasch umgesetzt werden. Da könne man nicht Monate auf die Mitarbeite­r warten.

Kurze Zyklen

„Die klassische­n Zyklen von Entwicklun­gen bis zur Umsetzung, die sich über Jahre ziehen, gibt es in der IT nicht mehr. Wir haben sehr kurze Zyklen, viel Innovation“, beschreibt Jiskra das Umfeld, in dem sich heute die ITArbeit bewegt. Da brauche man sehr schnell, sehr spezifisch­es Personal. Damit täten sich vor allem Klein- und Mittelbetr­iebe schwer. Sie hätten in dem europäisch­en Umfeld, in dem Firmen aus jedem Land umFachkräf­te werben, wenig Chancen.

Jizra fordert daher von den Betrieben mehr Flexibilit­ät ein: IT-Projekte in englischer Sprache etwa. So könnten Ausländer rascher einsteigen. Und natürlich: mehr Aus- und Weiterbild­ung.

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Mittels Rot-Weiß-Rot-Card dauert es oft sehr lange, bis Personal aus Drittstaat­en arbeiten darf
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Branchensp­recher Alfred Harl: „ITler rascher durchlasse­n“

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