100-jähriger Investment-Hit
Gewinne. Das lang laufende Wertpapier hat in zwei Jahren 65 Prozent Performance eingebracht.
Peter Brezinschek, Chefanalyst der RBI, zeigt ertragreiche Anlage.
Wer hätte das gedacht: Hätten Eltern ihrem Neugeborenen im Jahr 2017 statt eines Bausparvertrags die damals erste 100-jährige österreichische Staatsanleihe gekauft, hätten sie bisher das beste Investment der vergangenen zwei Jahre gemacht. Sie ist seit der Ausgabe 2017 um 65 Prozent gestiegen.
Im Jahr 2117, wenn das Kind dann 100 ist, läuft die Anleihe ab. Wird das Investment nicht vorher verkauft, streift der Nachwuchs immerhin 2,1 Prozent Rendite im Jahr ein.
Abseits dieses Sonderfalls war an den Kapitalmärkten zuletzt kaum etwas zu holen. Die meisten Staatsanleihen werfen negative Zinsen ab, Aktien haben heuer die Verluste des Vorjahres nicht zur Gänze wettgemacht. Kein Wunder, dass sich Anleger, die über das nötige Kleingeld verfügen, in zunehmend riskantes Terrain wagen. Griechische Staatsanleihen zum Beispiel. Mit zehnjähriger Laufzeit bringen sie noch knapp mehr als zwei Prozent Rendite im Jahr.
Anleger, die mehr Rendite wollen, müssen sich tiefer ins Risiko wagen. Hier bieten sich ukrainische Staatsanleihen in Lokalwährung an. Bei Zinsen von 17 Prozent und Inflation von neun Prozent lässt sich gut verdienen – zumal die Zentralbank Zinssenkungen angekündigt hat. Ähnliches gilt für die Türkei und Russland. Kleinanlegern stehen Direktinvestments in diesen Ländern nicht offen. Sie können nur über EmergingMarkets-Anleihefonds an diese n Märkten teilhaben.
Dass es an den Börsen heuer trotz der langjährigen Hausse weiter nach oben geht, liegt laut Peter Brezinschek, Chefanalyst der Raiffeisen Bank International (RBI), an der Erwartung weiterer Zinssenkungen durch die Europäische Zentralbank und die US-Notenbank. „Doch diese Zinssenkungserwartungen scheinen übertrieben zu sein“, warnt Brezinschek.
Er geht von zwei Reduktionen durch die Federal Reserve im heurigen Jahr um in Summe minus 0,5 Prozentpunkten aus. Mehr sei angesichts der nicht so schlechten US-Konjunktur nicht realistisch. An den Börsen seien aber aggressivere Zinssenkungen in den Aktienkursen bereits vorweggenommen. In Europa dürften die Zinsen auf minus 0,5 Prozent herabgesetzt werden und die EZB dürfte das Anleihekauf-Programm Ende 2019 wieder aufnehmen. „Die Aktionäre laufen der Illusion nach, dass die Geldpolitik die Konjunktur antreiben wird“, sagt Brezinschek. Das sei angesichts der tiefen Niveaus aber gar nicht mehr möglich. Die Wirtschaft kranke nicht an den Zinsen, sondern an Handelskonflikten, Sanktionen und dem Brexit.
Unsichere Klimapolitik
Was die Kapitalmärkte laut Brezinschek zunehmend verunsichere, sei das Fehlen einer glaubwürdigen Klimapolitik. „Wenn Unternehmer nicht wissen, ob eine CO - Steuer kommt oder ob der Emissionshandel in dieser Form aufrecht bleibt, hemmt das Investitionen“, sagt der RBI-Chefanalyst. Da helfe die Negativzins-Politik der EZB gar nicht. Anleger würden mit dieser Geldpolitik weiter in Immobilien getrieben. „Ich denke, die EZB sollte sich diesen Bereich einmal ansehen“, meint der Analyst.