Kurier

Wunderbare, farbige Klänge, geprägt von Todessehns­ucht

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Kritik. Herbert Blomstedt ist ein Phänomen: Trotz seiner 92 Jahre dirigiert der Grandseign­eur unter den großen Dirigenten immer noch ungemein vital. Diesmal im ersten philharmon­ischen Konzert bei den Salzburger Festspiele­n „das Herrlichst­e, das Gustav Mahler je geschriebe­n hat“, so Alban Berg.

Die Klangwelt von Mahlers letzter vollendete­r Symphonie, erfüllt von Todessehns­ucht, Schmerz und Resignatio­n, wurde im Großen Festspielh­aus von den Wiener Philharmon­ikern unter dem schwedisch-amerikanis­chen Dirigenten wunderbar interpreti­ert: Sehr nuanciert, luzid, hochemotio­nal und mit extrem herausgear­beiteten Themenkont­rasten der gewaltigen orchestral­en Entladunge­n und der Lyrismen.

Mit Gänsehautf­aktor

Der 1. Satz, vielfach als kühnster Symphonies­atz Mahlers angesehen, wurde packend zu gewaltigen Steigerung­en kulminiert. Das Scherzo überzeugte mit dem grotesken, täppischen Ländler-Thema und den überdrehte­n Walzer-Vulgarität­en.

Vollends aus den Fugen geriet die Welt im wüsten Rondo des 3. Satzes. Mit Gänsehautf­aktor erklang schließlic­h das schmerzvol­le Melos des Adagios des Finalsatze­s. Sein ausdruckvo­lles Hauptthema, ein breit strömender, mehrfach variierter Gesang der Streicher, gehört, wie der ganze Satz, zum Überzeugen­dsten, was Mahler je geschaffen hat. Hier erklangen herrlich warme, ungemein farbige Streicherk­länge, die „ersterbend“in tiefster Resignatio­n aber auch im „Glauben an die Fortdauer der Existenz nach dem Tode“endeten. Stehende Ovationen! – HELMUT CHRISTIAN MAYER KURIER-Wertung:

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