„Nur zu kopieren, ist zu wenig“
Slowakei. Markíza-Chef Settele über Programm-Erfolge und kriminelle Machenschaften
Es geht um 69 Millionen Euro und gefälschte Wechsel. In der Slowakei läuft bis Ende Juli ein spektakulärer Betrugsprozess. Angeklagt sind der umstrittene Multimillionär Marián Kočner, der laut Behörden bei der Ermordung des Journalisten Ján Kuciak eine Rolle spielte, sowie der frühere Eigner der Privat-TV-Gruppe Markíza und Ex-Minister, Pavol Rusko, vormals der „slowakische Berlusconi“. Der Vorwurf: Kočner habe bei Markíza von Rusko unterzeichnete Wechsel geltend gemacht, die zurückdatiert waren. Beide bestreiten Unrechtmäßigkeiten.
Der österreichische Markíza-Chef Matthias Settele meinte vor Prozess-Start: „Ich hoffe auf ein faires Verfahren. Denn das, was uns da passiert ist, könnte in der Folge jedem anderen Unternehmen in der Slowakei passieren.“Was den 52-Jährigen optimistisch stimmt, ist die Arbeit der Ermittler: „In der Vergangenheit gab es viele auf klärungswürdige Fälle, aber nur wenige Anklagen. Das scheint sich jetzt geändert zu haben.“
Aufbruchstimmung
Settele ortet eine Auf bruchsstimmung in der Slowakei, was jüngst auch die Wahl der liberalen Anwältin Zuzanna Caputova zur Staatspräsidentin gezeigt habe. „Es gibt viele, die wollen, dass Staat und Behörden funktionieren, Korruption bekämpft wird und positiv etwas weitergeht.“
So wie bei Markíza. Seit Oktober 2013 ist Settele, der sich als Troubleshooter in verschiedenen europäischen TV-Märkten einen Namen gemacht hat, Generaldirektor des größten slowakischen TV-Konzerns, zu dem drei Sender und eine Streaming-Plattform gehören. „Es ist eine Erfolgsgeschichte, die mein Team geschrieben hat. Markíza hat sich vom Sanierungsfall zum hochprofitablen Unternehmen entwickelt.“Statt eines zweistelligen Minus-Ergebnisses, wie zu Beginn, stand zuletzt ein Gewinn von mehr als 24 Millionen Euro in der Bilanz. Nach jüngst vom internationalen Mutterkonzern CME vorgelegten Zahlen setzt sich der wirtschaftliche Erfolg heuer fort.
Markíza, laut Settele eine Mischung aus ORF und RTL, ist der beim Publikum erfolgreichste slowakische Sender. Seine Stärke: „Wir senden von 15 Uhr bis Mitternacht Eigenproduktionen.“Sehr wichtig ist auch die Information – „Markíza ist unabhängig, und deshalb vertrauen uns die Menschen.“Sport ist hingegen eine Seltenheit, US-Blockbuster gibt es nur am Samstagabend.
Für Quotenhits sorgten zuletzt etwa Serien-Adaptionen: „Oteckovia“(„Väter“) läuft täglich, ist bei über 290 Folgen angelangt und bringt der Streaming-Plattform des Senders großen Zuspruch. Auf die ursprünglich argentinische Family-Soap hatte ExORF-Mann und TV-Berater Josef Andorfer aufmerksam gemacht. „Wir haben mit ,Oteckovia’ durchschnittlich einen Marktanteil von 36 Prozent“, erläutert Settele, „das ist sensationell.“Für den Erfolg, den die Branche auch jenseits der Landesgrenzen registrierte, sorgt eine Maschinerie, an der 120 bis 140 Mitarbeiter beteiligt sind.
Welt-Beste
Ein weiteres Highlight ist eine finnische Serie, die für die Slowakei umgeschrieben wurde: „Sestričky“(„Schwestern“), deren zweite Staffel im Herbst kommt, wird aus Sicht der Krankenschwestern erzählt. „Es ist unsere bisher teuerste eigenproduzierte Serie – und das sieht man ihr an. Man kann heute niemanden mehr mit Billigst-Produktionen abspeisen.“Ergänzt wird die „schöne ProgrammMischung“durch weitere eigene Serien, internationale Show- und Quiz-Formate wie „Wer weiß den sowas“.
„Wir suchen uns das Beste aus der ganzen Welt, das zu den Slowaken passt, und ergänzen das um lokale Kreativität und internationales Knowhow“, sagt Settele, der zwischen Baden und Bratislava pendelt. „Nur zu kopieren, ist aber zu wenig. Was ich in den Berufsjahren im Ausland gelernt habe: Jedes Land ist anders, jedes hat seine Sehgewohnheiten. Um Erfolg zu haben, muss man auf sein Publikum hören, auf seine Wünsche und Befindlichkeiten achten – und, nur manchmal, die Regeln und Traditionen brechen.“
Der Streit zwischen Kraftwerk und Pelham läuft vor deutschen Gerichten schon seit etwa 20 Jahren durch alle Instanzen. Pelham hatte 1997 eine Zwei-SekundenSequenz ohne Erlaubnis benutzt und in Endlosschleife unter den Song „Nur mir“mit der Rapperin Sabrina Setlur gelegt. Kraftwerk-Mitbegründer Ralf Hütter verklagte Pelham darauf hin.
2016 hatte das Bundesverfassungsgericht die Kunstfreiheit gestärkt und das vom Bundesgerichtshof (BGH) verhängte Verbot des Setlur-Songs gekippt. Die BGH-Richter verwiesen den Fall nach Luxemburg. Sampling ist in Hip-Hop und Rap ein gängiges Stilmittel.