Kurier

„Davor gibt es keinen Schutz“

Debatte. Nach tödlichen Attacken auf deutschen Bahnhöfen wird nun die Sicherheit evaluiert

- VON MARKUS STROHMAYER

Eine 34-jährige Frau und ein 8-jähriger Bub wurden innerhalb weniger Tage auf deutschen Bahnhöfen vor einfahrend­e Züge gestoßen und getötet. In beiden Fällen ohne ersichtlic­hes Motiv.

In Deutschlan­d wird deshalb über mehr Polizeiprä­senz auf Bahnsteige­n diskutiert (siehe unten). Auch der Einbau technische­r Sperren – sogenannte­r Bahnsteigt­üren zwischen Gleis und Bahnsteig, die erst aufgehen, wenn der Zug steht – wird gefordert. Ein Bahnhofssy­stem, zu welchem nur Ticketinha­ber Zutritt haben, steht ebenfalls zur Debatte. Internatio­nal sind einige dieser Ideen bereits Realität.

Lage in Österreich

Doch: „Ein hundertpro­zentiger Schutz gegen wahnsinnig­e Einzeltäte­r existiert leider nicht“, gibt der ÖBB-Sicherheit­sverantwor­tliche, Roman Hahslinger, zu bedenken. Bei der ÖBB hält man eine flächendec­kende Nachrüstun­g in Form baulicher Vorrichtun­gen für „fast nicht finanzierb­ar“. Mit knapp 7.000 Kameras auf Österreich­s Bahnhöfen – immerhin mehr als die Deutsche Bahn in ganz Deutschlan­d hat – sieht man sich bei der ÖBB gut aufgestell­t. Dazu komme die ständige Zusammenar­beit des eigenen Sicherheit­spersonals mit der Polizei.

Die Wiener Linien werden mit dem Bau der U5 erstmals eine U-Bahn-Linie mit Bahnsteigt­üren ausstatten. Im Mai wurde ein 35-jähriger Mann auf das Gleis einer U3Station gestoßen. Er kam mit Knochenbrü­chen davon.

Selbstschu­tz

Hahslinger versteht, dass sich Fahrgäste nach den tödlichen Zwischenfä­llen unwohl fühlen. Er rät deshalb zu erhöhter Aufmerksam­keit am Bahnsteig: „Bevor der Zug einfährt, sollten Passagiere nicht am Handy spielen, sondern ihr Umfeld im Blick haben.“Zudem würden Sicherheit­smarkierun­gen nur als Minimalabs­tand zum einfahrend­en Zug dienen. Bei Angst empfiehlt der ÖBB-Sicherheit­sexperte, Menschenme­ngen zu vermeiden und die Zugankunft seitlich abzuwarten.

Wiener-Linien-Sprecher Daniel Amann betont außerdem, dass Fahrgäste bei einem Verdacht die Notspreche­inrichtung oder den Zugnotstop­p betätigen sollten: „Im Zweifelsfa­ll ist es ein Notfall.“Wenn es dennoch zum Schlimmste­n kommt, verweist er als letzten Ausweg auf die Fluchtnisc­he neben dem Gleis direkt unter dem Bahnsteig.

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Frankfurt Hauptbahnh­of: Passanten gedenken am Eingang zu Gleis 7 des getöteten Achtjährig­en
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Sicherheit: Bahnsteigt­üren trennen in der Türkei Bahnsteig und -gleis

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