Kurier

Coffee-Shop statt Handy-Shop

Äußere Mariahilfe­r Straße. Der Straßenzug vom Westbahnho­f zum Schwenderm­arkt befindet sich im Aufbruch

- VON UND JULIA SCHRENK (TEXT) GILBERT NOVY (FOTOS)

Fünf Jahre lebte Katharina Brun im Ausland. Als sie 2015 zurück in den 15. Bezirk kam, war sie doch überrascht. Der Grind war zu einem guten Teil verschwund­en, stattdesse­n hatte sich rund um den Schwenderm­arkt ein nettes Grätzel entwickelt.

Auch in der jüngsten Vergangenh­eit hat die Äußere Mariahilfe­r Straße einen Schub erfahren. Und dazu hat auch Katharina Brun beigetrage­n. Gemeinsam mit ihrem Mann Junior betreibt die 28-Jährige das GOTA Coffee, einen Spezial-CoffeeShop gegenüber des Schwenderm­arkts. Genau dort, wo man einst seine Kinder nicht alleine nach Hause spazieren lassen wollte. „Damals durfte ich in der Nacht nicht allein Richtung Westbahnho­f gehen“, erzählt Brun. Denn damals gab es auf der Äußeren Mahü noch rege Straßenpro­stitution.

Es läuft

Seit 2011 ein Gesetz zum Ende der Straßenpro­stitution beschlosse­n und 2012 umgesetzt wurde, ist auch „die Begleitmus­ik“verschwund­en, wie Bezirksvor­steher Gerhard Zatlokal (SPÖ) sagt. Fast, meint er, sei es so, als würde sich der Straßenzug „von selbst entwickeln“. Aber ganz so ist es nicht.

Dass sich die Äußere Mariahilfe­r zuletzt so gemausert hat, hat vor allem zwei Gründe. Erstens: Umtriebige Grätzelbew­ohner. Zweitens: Massive Unterstütz­ung der Stadt.

Zunächst zu den umtriebige­n Menschen im Grätzel. Dass es im 15. Bezirk Leute gibt, die ihre Umgebung (mit)gestalten wollten, zeigte sich schon ein paar Hundert Meter weiter und einige Jahre früher in der Reindorfga­sse. Dort gab es lange wenig – außer dem berühmten Gasthaus Quell. Dann kamen innovative Unternehme­r und plötzlich wurden dort kleine Geschäfte eröffnet und Gassenfest­e gefeiert.

Auf dem Schwenderm­arkt war es ähnlich. Der war vor einigen Jahren noch dem Untergang geweiht. Dann schlossen sich ein paar Grätzelbew­ohner und neue Standler zusammen – schwupps setzte sich jemand für die Gestaltung des Marktes ein. Jetzt gibt es auf dem Markt nach wie vor die Tschocherl und den Vietnamese­n. Aber auch einen Gemüsehänd­ler, das „Unverschwe­ndet“, ein Geschäft, in dem gerettetes Obst und Gemüse in Marmeladen, Sirups oder Eingelegte­s verwandelt wird, sowie das „Landkind“.

Die Betreiber, die man im Grätzel „die Landkinder“nennt, sind nicht so ganz vom Land, verkaufen aber Köstliches von Klein-Produzente­n und bereiten damit auch täglich Mittagesse­n sowie freitags und samstags Frühstück zu. Und sobald jemand ein Geschäft im Grätzel eröffnet, machen sie die „Neuen“mit den „Alten“bekannt. „Kleine Unternehme­n sind das Rückgrat einer Grätzelent­wicklung“, sagen die Landkinder, Stefan Rom und Nina Strasser. Ein „Gangsterbe­zirk wie früher“sei der 15. jedenfalls nicht mehr. Mittlerwei­le ziehen nicht nur Junge zu, sondern auch Familien. Es wird viel Wohnraum geschaffen – womit wir bei Punkt zwei wären: Der Unterstütz­ung durch die Stadt.

Aufhübschu­ng

Aktuell gibt es in Rudolfshei­m-Fünf haus drei Blocksanie­rungsproje­kte. Dabei werden ganze Häuserbloc­ks oder Privathäus­er mit Förderung der Stadt von Grund auf saniert. Im Gegenzug dürfen die Mieten für die Bewohner nicht steigen. Einer solchen Blocksanie­rung wurde auch jenes Haus unterzogen, in dem sich im April 2014 eine verheerend­e Gasexplosi­on ereignete – eine Frau kam dabei ums Leben. Seit eineinhalb Jahren ist das Haus fertig saniert, im Erdgeschoß ist das Brautmoden­geschäft „Heyday“eingezogen.

Obwohl zuletzt einige Geschäfte neu eröffneten – die Deniz Bank etwa und ein Küchenstud­io – gibt es noch Leerstände. In der ehemaligen Bawag-Filiale zum Beispiel und dort, wo der ARBÖ residierte. Und zum Teil, berichten Anrainer, würde es auch noch vereinzelt Hinweise auf Straßenpro­stitution geben – zum Beispiel in der Nähe des Studio Cinderella in der Arnsteinga­sse.

 ??  ?? Eine sogenannte Wiener Wand ist seit Kurzem die Rückansich­t des Schwenderm­arkts in der Äußeren Mariahilfe­r Straße. Dort dürfen jetzt legal Graffiti gesprüht werden
Eine sogenannte Wiener Wand ist seit Kurzem die Rückansich­t des Schwenderm­arkts in der Äußeren Mariahilfe­r Straße. Dort dürfen jetzt legal Graffiti gesprüht werden
 ??  ?? Junior (31) von GOTA Coffee (li.) ist der beste Barista Österreich­s. Katharina zog mit ihrem IndieBraut­modengesch­äft „Heyday“vor eineinhalb Jahren ins ehemalige Explosions­haus
Junior (31) von GOTA Coffee (li.) ist der beste Barista Österreich­s. Katharina zog mit ihrem IndieBraut­modengesch­äft „Heyday“vor eineinhalb Jahren ins ehemalige Explosions­haus
 ??  ?? Umtriebig auf dem Schwenderm­arkt: Die „Landkinder“, Stefan Rom und Nina Strasser
Umtriebig auf dem Schwenderm­arkt: Die „Landkinder“, Stefan Rom und Nina Strasser

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