Kurier

Warum Ludwig Parken zur Chefsache macht

Strategie. Unmut über Flickwerkw­ächst, hohe Mobilisier­ungskraft für denWahlkam­pf

-

Wenn ein roter Bezirksvor­steher laut über die Einführung eines Wien-weiten Gratis-Parkpicker­ls nachdenkt, lässt sich das noch als Sommerloch-Thema abtun. Eine andere Dimension bekommt die Sache aber gleich, wenn Michael Ludwig persönlich ausrückt und komplett neue Ideen für die Zukunft der Parkraumbe­wirtschaft­ung in Wien in die Arena wirft.

Ob Ludwig oder sein Vorgänger Michael Häupl: Seit Langemhat sich kein Bürgermeis­ter mit derart konkreten Vorstellun­gen zu diesem Dauer-Reizthema geäußert. Mit gutem Grund: Entscheide­n doch die Bezirke darüber, ob sie eine Parkraumbe­wirtschaft­ung wollen oder nicht. Mit zwiespälti­gem Ergebnis: Zuletzt wuchs dem Vernehmen nach unter den SPÖ-Bezirksvor­stehern der Unmut über diese „Fleckerlte­ppich-Lösung“. Begonnen bei den völlig uneinheitl­ichen Regeln, die für Verwirrung sorgen, bis hin zu den Verdrängun­gseffekten, die die Einführung des Pickerls in den jeweiligen Nachbarbez­irken verursacht.

Und so laufen SPÖ-intern bereits intensive Überlegung­en, wie das Parkpicker­l umfassend reformiert werden könnte, hört man in RathausKre­isen. Auch der Sprecher Ludwigs räumt ein, dass dessen Idee eines Zonenmodel­ls nur eine vonmehrere­n sei.

Positiver Nebeneffek­t: Mit dem Pickerl hat die SPÖ ein Thema besetzt, mit dem sich bis in den Wien-Wahlkampf 2020 andere (vom Mitbewerbe­r gespielte) in den Hintergrun­d drängen lassen. Denn fast jeder Stadtbewoh­ner ist davon betroffen oder hat eine Meinung dazu. Wie sehr sich mit dem Thema mobilisier­en lässt, zeigt das Beispiel der damals völlig marginalis­ierten ÖVP, die 2012 mit der FPÖ mehr als 100.000 Unterschri­ften für eine Parkpicker­l-Volksbefra­gung sammelte und damit die rot-grüne Regierung gehörig unter Druck setzte.

Mit dem Risiko, dass die SPÖ nicht nur fordern kann, sondern auch liefern muss. Und gerade beim Parken sei nur schwer, eine Lösung zu finden, die allen recht ist, gibt ein Funktionär zu bedenken.

Grüne unter Druck

Am falschen Fuß erwischt wurde indes der grüne Koalitions­partner, der mit Birgit Hebein pikanterwe­ise die zuständige Verkehrsst­adträtin stellt. Hinter vorgehalte­ner Hand zeigt man sich dort überrascht über den Vorstoß Ludwigs. Aus grüner Sicht funktionie­rt die bestehende Lösung weitgehend, eine Reform würde eine enorme Vorlaufzei­t beanspruch­en. Dennoch muss Hebein jetzt regieren: Gleich nach dem Sommer will auch sie einen Prozess starten, der sich mit der Zukunft derWiener Verkehrspo­litik beschäftig­t.

Newspapers in German

Newspapers from Austria