Kurier

Zunahme bei Tötungsdel­ikten

Experten sind sich über die Gründe für die Entwicklun­g uneinig.

- VON DOMINIK SCHREIBER UND PATRICK WAMMERL

Nach mehreren Bluttaten gegen Frauen in den vergangene­n Monaten richtete der damalige Innenminis­ter Herbert Kickl eine SOKO Frauenmord­e im Bundeskrim­inalamt ein. Diese analysiert derzeit – wie noch niemals zuvor – 174 Morde und Mordversuc­he mit wissenscha­ftlichen Methoden. Das Ergebnis der Kommission soll in den kommenden Wochen präsentier­twerden.

Warum die Analyse der Experten versuchte und vollendete Taten zusammenre­chnet, hat einen einfachen Grund: Oft entscheide­t lediglich der Zufall, ob das Opfer einen tätlichen Angriff überlebt oder nicht. Ein Stich in den Bauch kann wichtige Organe knapp verfehlen – oder eben voll treffen. Ein paar Millimeter entscheide­n mitunter über Leben und Tod.

Zehn Jahre verglichen

Die Fachzeitun­g der Kriminalpo­lizei (kripo.at) hat kürzlich die Entwicklun­g dieser Taten über zehn Jahre ausgewerte­t. Das Ergebnis zeigt überrasche­nd, dass die Gewaltstei­gerung Männer als Opfer beinahe ebenso betrifft wie Frauen. Der Unterschie­d ist allerdings, dass die Bluttaten bei Männern seltener mit dem Tod enden als bei Frauen

(siehe Grafik) .

Auch unter Kriminalis­ten gibt es sehr unterschie­dliche Theorien zur Steigerung der Morde und Mordversuc­he in den vergangene­n fünf Jahren. Während manche eine gestiegene Gewaltbere­itschaft (auch durch das Tragen von Messern in manchen Kulturen) sehen, glauben andere, dass es durchaus „nur“eine statistisc­he Schwankung sein kann.

Seit 1953 schwankt die Zahl der Morde zwischen 39 (im Jahr 2007) und 99 (im Jahr 1983). Die im Vorjahr auf 76 gestiegene Zahl an Morden ist jedenfalls kein Allzeit-Hoch.

Wien ist anders alsNÖ

Blickt man auf die heurige Zwischenbi­lanz, dann sind die Ergebnisse sehr unterschie­dlich: In Wien etwa sind heuer so wenige Morde wie noch selten in diesem Zeitraum passiert. Seit Jahresbegi­nn sind acht tödlich ausgegange­ne Bluttaten bekannt (eine neunte wurde kürzlich vom Gericht rechtskräf­tig als Notwehr bezeichnet). Davon waren zwei Opfer Frauen, eines ein (männliches) Kind und fünf Getötete männlich. Auch der in Notwehr Erstochene­war ein Mann.

In Niederöste­rreich wiederum bietet sich in der Zwischenbi­lanz ein völlig anderes Bild: Bei den zehn Tötungsdel­ikten waren alle zehn Opfer weiblich (zwischen 16 und 84 Jahre alt). Diese Zahl ist für NÖ vergleichs­weise hoch. Zur Jahresmitt­e gab es heuer doppelt so viele Morde wie im gesamten Vorjahr.

Die beiden Bundesländ­er zeigen vor allem eines: Bei Mordfällen sind Schwankung­en oft sehr groß. Aber zumindest ein weiteres Detail ist auffällig: Lediglich in einem der 18 Fälle aus Wien und NÖ ist ein Flüchtling beziehungs­weise Asylwerber der Tatverdäch­tige. Und zwar bei dem Mord an einer 16-Jährigen im Jänner in Wiener Neustadt.

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