Kurier

Die „Silver Ager“wollen nicht Däumchen drehen

- VON MARTINA SALOMON

Diese Woche gab es viele Nachrichte­n zum Altern. Fast alle gut. Lasst uns Konsequenz­en daraus ziehen.

60 ist das neue 50? Von wegen. Körperlich und geistig sind wir 20 Jahre jünger als die Generation unserer Eltern, sagte ein Experte im Samstags-KURIER. Auch wissenscha­ftliche Studien untermauer­n das Phänomen, sofern man körperlich und geistig aktiv bleibt. Der 90-jährige Nobelpreis­träger und Hirnforsch­er Eric Kandel predigt ein einfaches Rezept gegen das Altern: „Never retire – nie in Pension gehen.“Natürlich gilt das vor allem für „privilegie­rte“Berufsgrup­pen und weniger für Industriea­rbeiter/innen. Aber viele Ältere verweigern zunehmend das „süße Nichtstun“. Laut einer neuen Umfrage der Plattform senior4suc­cess wollen zwei Drittel der berufstäti­gen Befragten über 45 auch in der Pension weiter – bezahlt oder ehrenamtli­ch – arbeiten. Tendenz steigend.

Warum aber kommt das alles am Arbeitsmar­kt und in der Politik nicht an? Im Schnitt gehen Österreich­s Frauen derzeit mit 59,3 und Männer mit 61,3 Jahren in Pension. Viele nicht freiwillig. Obwohl die Arbeitslos­igkeit in Österreich Gott sei Dank sinkt, steigt sie bei Älteren laut AMS. Der dramatisch­e Fachkräfte­mangel wird offenbar nicht durch längeres Arbeiten ausgeglich­en.

Das ist ein Hebel, den die Politik ruhig benutzen kann. Wer länger arbeitet, sollte eine spürbar höhere Pension bekommen und nicht auch noch mit Pensionsbe­iträgen, die individuel­l nichts bringen, fürs Weiterarbe­iten nach dem regulären Pensionsan­tritt bestraft werden. Die Sozialpart­ner könnten ihre Daseinsber­echtigung beweisen und an besseren Modellen für Arbeitsplä­tze für die 50-plus-Generation basteln. (Eine geblockte Altersteil­zeit, also versteckte Frühpensio­n, zählt nicht dazu.) Auch Selbststän­digkeit ist eine Option – besonders, wenn sie von der heimischen Überreguli­erung befreit wird.

„Des tua i ma nimma an“

Gefragt sind aber auch Arbeitgebe­r und -nehmer. Der (oft recht gut kündigungs­geschützte) Angestellt­e, der sich nicht mehr weiterentw­ickeln will („Na, des tua i ma nimma an“), dafür aber teurer als ein Jüngerer ist, bringt dem Unternehme­n wenig. Umgekehrt könnten die Arbeitgebe­r, die jetzt den Fachkräfte­mangel bejammern, Ältere behalten, umschulen oder neu einstellen. Dazu wiederum müsste man vom Seniorität­sprinzip wegkommen, das Ältere finanziell bevorzugt und besser vor Kündigung schützt. Beides schreckt Firmen ab. Der nächsten Regierung sollte es ein Anliegen sein, die „Silver Ager“zufrieden im Job zu halten. Die letzte Koalition hat es als zu heißes Eisen gescheut. Frühpensio­n gilt in Österreich ja als Menschenre­cht. Wer sie reformiert, wird als „sozial kalt“beschimpft. Die Hoffnung lebt, dass nach derWahl wieder sachlich debattiert wird. Noch liegen aber leider weitere achtWochen Ausnahmezu­stand vor uns.

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