Wandern mit Back-up
Notfall-App. Meldet sich ein Wanderer nicht rechtzeitig von seiner Tour zurück, wird Alarmgeschlagen
In den Bergen kann man sich leichter verletzen oder verirren, als so mancherWanderer glaubt. Die Anzahl der Notfälle, bei denen die Bergrettung gerufen wird, ist in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Besonders schwierig wird es für Einsatzkräfte, wenn sie nicht wissen, wo sie nach Vermissten suchen sollen. Eine App soll nun dabei helfen, die Retter auf die richtige Fährte zu schicken. Ob der Handyakku dabei leer ist, ist egal.
Wandernadeln SummitLynx nennt sich eine App von steirischen Entwicklern, die ursprünglich nicht auf Notfälle in den Bergen ausgelegt war. Die seit 2012 vermarktete App ist eine Art digitales Gipfelbuch. Wenn Wanderer bestimmte Punkte auf einer Route erreicht haben, können sie sich virtuelle Wandernadeln abholen – zur privaten Genugtuung oder öffentlichen Zurschaustellung in sozialen Medien. Bei Gipfeln, Hütten oder anderen Wegpunkten wird durch Übermittlung von Positionsdaten (GPS) „eingecheckt“.
In Zusammenarbeit mit der Bergrettung Steiermark wurde der App nun allerdings eine Funktion verliehen, die im Ernstfall wertvolle Informationen liefert. Sie nennt sich mySOS. Wanderer geben dabei vor dem Start ihres Ausflugs die geplante Route sowie die wahrscheinliche Rückkehrzeit an. Für Notfälle wird ein Name aus der Kontaktliste am Smartphone ausgewählt.
Vorgehensweise
Kehrt der Wanderer nicht zur angegebenen Zeit von seiner Tour zurück und meldet dies der App, so wird der Notfallkontakt per SMS verständigt. Zunächst wird die auserwählte Person dazu aufgefordert, ihren wandernden Freund anzurufen und sich seines Wohlbefindens zu versichern. Meldet er sich nicht, so kann ein Link in der SMS aufgerufen werden. Der öffnet eine Webseite, in der die geplante Route aufscheint. Dort ebenfalls sichtbar sind jene virtuellen Wandernadeln, die während der Wanderung gesammeltwurden.
Der Notfallkontakt kann nun die Bergrettung verständigen (Notrufnummer 140) und ihr diese Informationen zukommen lassen. Die Helfer erfahren so, ob der Wanderer seiner geplanten Route gefolgt ist, oder Wandernadeln abseits davon gesammelt hat. „Wenn ich bereits weiß, ob ich rechts oder links vom Talkessel suchen muss, dann bin ich doppelt so schnell beim Vermissten“, meint Michael Miggitsch, der Landesleiter der Bergrettung Steiermark. „Gerade wenn eine Person verletzt ist, oder es abends kalt wird, zählt jede Stunde.“
Fehlalarme vermeiden Hat der Wanderer auf seiner Route keinen Mobilfunkempfang, einen leeren Akku oder holt er sich keine virtuellen Wandernadeln, so erhält der Notfallkontakt freilich keine anderen Informationen, als jene, die vor der Wanderung in der App eingegeben wurden. Der Countdown bis zur angegebenen Rückkehrzeit läuft aber unabhängig davon weiter. Eine halbe Stunde vor Ablauf der Zeit wird dem Wanderer per SMS mitgeteilt, dass die Alarmierung des Notfallkontaktes bald bevorsteht. Reagiert der Wanderer darauf nicht, indem er den mySOS-Dienst wieder deaktiviert, wird 30 Minuten später die Notfall-SMS abgesetzt.
„Es ist immer ein manueller Schritt drinnen, weil wir automatisch abgesetzte Fehlalarme vermeiden wollen“,
meint Peter Höflehner. Er hat SummitLynx gemeinsam mit Michael Tritscher gegründet. Das Sammeln von virtuellen Wandernadeln wird derzeit in 30 Tourismusregionen in Österreich und Deutschland angeboten, die mit SummitLynx kooperieren. Die App sowie die mySOS funktionieren allerdings weltweit, versichern die Entwickler.
Alternativen
Zumindest auf lokaler Ebene gibt es Alternativen zu der App. Die Leitstelle Tirol hat etwa eine eigene App herausgebracht, mit der im Notfall direkt ein Notruf samt Positionsdaten abgeschickt werden kann.
Der eigene Standort kann der Bergrettung im Notfall aber auch ohne App übermittelt werden. Die Leitstelle kann dem Notrufenden eine SMS zuschicken. Ruft man einen Link darin auf, werden die Koordinaten per Webbrowser an die Leitstelle übermittelt.