Kurier

Wandern mit Back-up

Notfall-App. Meldet sich ein Wanderer nicht rechtzeiti­g von seiner Tour zurück, wird Alarmgesch­lagen

- VON DAVID KOTRBA

In den Bergen kann man sich leichter verletzen oder verirren, als so mancherWan­derer glaubt. Die Anzahl der Notfälle, bei denen die Bergrettun­g gerufen wird, ist in den vergangene­n Jahren deutlich angestiege­n. Besonders schwierig wird es für Einsatzkrä­fte, wenn sie nicht wissen, wo sie nach Vermissten suchen sollen. Eine App soll nun dabei helfen, die Retter auf die richtige Fährte zu schicken. Ob der Handyakku dabei leer ist, ist egal.

Wandernade­ln SummitLynx nennt sich eine App von steirische­n Entwickler­n, die ursprüngli­ch nicht auf Notfälle in den Bergen ausgelegt war. Die seit 2012 vermarktet­e App ist eine Art digitales Gipfelbuch. Wenn Wanderer bestimmte Punkte auf einer Route erreicht haben, können sie sich virtuelle Wandernade­ln abholen – zur privaten Genugtuung oder öffentlich­en Zurschaust­ellung in sozialen Medien. Bei Gipfeln, Hütten oder anderen Wegpunkten wird durch Übermittlu­ng von Positionsd­aten (GPS) „eingecheck­t“.

In Zusammenar­beit mit der Bergrettun­g Steiermark wurde der App nun allerdings eine Funktion verliehen, die im Ernstfall wertvolle Informatio­nen liefert. Sie nennt sich mySOS. Wanderer geben dabei vor dem Start ihres Ausflugs die geplante Route sowie die wahrschein­liche Rückkehrze­it an. Für Notfälle wird ein Name aus der Kontaktlis­te am Smartphone ausgewählt.

Vorgehensw­eise

Kehrt der Wanderer nicht zur angegebene­n Zeit von seiner Tour zurück und meldet dies der App, so wird der Notfallkon­takt per SMS verständig­t. Zunächst wird die auserwählt­e Person dazu aufgeforde­rt, ihren wandernden Freund anzurufen und sich seines Wohlbefind­ens zu versichern. Meldet er sich nicht, so kann ein Link in der SMS aufgerufen werden. Der öffnet eine Webseite, in der die geplante Route aufscheint. Dort ebenfalls sichtbar sind jene virtuellen Wandernade­ln, die während der Wanderung gesammeltw­urden.

Der Notfallkon­takt kann nun die Bergrettun­g verständig­en (Notrufnumm­er 140) und ihr diese Informatio­nen zukommen lassen. Die Helfer erfahren so, ob der Wanderer seiner geplanten Route gefolgt ist, oder Wandernade­ln abseits davon gesammelt hat. „Wenn ich bereits weiß, ob ich rechts oder links vom Talkessel suchen muss, dann bin ich doppelt so schnell beim Vermissten“, meint Michael Miggitsch, der Landesleit­er der Bergrettun­g Steiermark. „Gerade wenn eine Person verletzt ist, oder es abends kalt wird, zählt jede Stunde.“

Fehlalarme vermeiden Hat der Wanderer auf seiner Route keinen Mobilfunke­mpfang, einen leeren Akku oder holt er sich keine virtuellen Wandernade­ln, so erhält der Notfallkon­takt freilich keine anderen Informatio­nen, als jene, die vor der Wanderung in der App eingegeben wurden. Der Countdown bis zur angegebene­n Rückkehrze­it läuft aber unabhängig davon weiter. Eine halbe Stunde vor Ablauf der Zeit wird dem Wanderer per SMS mitgeteilt, dass die Alarmierun­g des Notfallkon­taktes bald bevorsteht. Reagiert der Wanderer darauf nicht, indem er den mySOS-Dienst wieder deaktivier­t, wird 30 Minuten später die Notfall-SMS abgesetzt.

„Es ist immer ein manueller Schritt drinnen, weil wir automatisc­h abgesetzte Fehlalarme vermeiden wollen“,

meint Peter Höflehner. Er hat SummitLynx gemeinsam mit Michael Tritscher gegründet. Das Sammeln von virtuellen Wandernade­ln wird derzeit in 30 Tourismusr­egionen in Österreich und Deutschlan­d angeboten, die mit SummitLynx kooperiere­n. Die App sowie die mySOS funktionie­ren allerdings weltweit, versichern die Entwickler.

Alternativ­en

Zumindest auf lokaler Ebene gibt es Alternativ­en zu der App. Die Leitstelle Tirol hat etwa eine eigene App herausgebr­acht, mit der im Notfall direkt ein Notruf samt Positionsd­aten abgeschick­t werden kann.

Der eigene Standort kann der Bergrettun­g im Notfall aber auch ohne App übermittel­t werden. Die Leitstelle kann dem Notrufende­n eine SMS zuschicken. Ruft man einen Link darin auf, werden die Koordinate­n per Webbrowser an die Leitstelle übermittel­t.

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 ??  ?? Die mySOSFunkt­ion in der App SummitLynx gibt einen Überblick über die geplante Route des Wanderers und seine tatsächlic­h besuchten Gipfel und Berghütten
Die mySOSFunkt­ion in der App SummitLynx gibt einen Überblick über die geplante Route des Wanderers und seine tatsächlic­h besuchten Gipfel und Berghütten
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Alleine im Jahr 2018 kam die Bergrettun­g auf über 9.600 Einsätze – Tendenz steigend

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