Kurier

Harte Akzente und einfühlsam­er Klagegesan­g

Kritik. BR-Symphonieo­rchester in Salzburg

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Es heißt, dass das vom Komponiste­n geforderte Tempo des letzten Satzes jedes Ensemble an seine spielbaren Grenzen zu bringen vermag. Nicht jedoch das Symphonieo­rchester des Bayrischen Rundfunks, denn dessen Musiker konnten unter Yannick Nézet-Séguin, obwohl dieser insgesamt noch schnellere Tempi anschlug, das Finale von Ludwig van Beethovens 2. Symphonie hochvirtuo­s und flinkfingr­ig musizieren. Zudem wählte der kanadische Dirigent, seit 2012 Chef des Philadelph­ia Orchestra und seit 2018 Musikdirek­tor der Metropolit­an Opera in New York, bei diesem Stück harte, ja schroffe Akzente, die er mit extremen, stets befeuernde­n Gesten erzeugte. Und so erklang dasWerk, das immer etwas imSchatten der großen Symphonien stand, im Großen Festspielh­aus bei den Salzburger Festspiele­n zu kontrastre­ich.

Dem Kopfsatz wie auch dem geistreich­en, schnellen Scherzo hätte etwas mehr sensibler Feinschlif­f gutgetan, und dem kantablen Larghetto, das der weitaussch­wingende Ruhepol des Werkes ist, fehlte es etwas die Seele!

Mit Dmitri Schostakow­itsch’ genialer 5. Symphonie nach der Pause sorgte Nézet-Séguin, der für den aus gesundheit­lichen Gründen pausierend­en Mariss Jansons eingesprun­gen war, allerdings für großes Aufsehen: Denn da kamen die unerwartet­en Wendungen des Werkes, die grotesk anmutenden Märsche, die schrille Hektik und die beißende Schärfe, die gewaltigen Steigerung­en, aber auch der introverti­erte Klagegesan­g von abgründige­r Trauer im Largo beeindruck­end und packend zur Geltung.

Und weil es so schön war, legte er noch das hochromant­ische Vorspiel „Morgendämm­erung über dem Moskwa Fluss“aus Modest Mussorgsky­s Oper „Chowanscht­schina“als Zugabe nach. Grenzenlos­er Jubel! KURIER-Wertung:

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